1905

Der Fachverband
Der in Wiesbaden tätige technische Oberinspektor, Hofrat Carl August Schick, hat nach längeren Überlegungen die Idee zur Gründung einer Fachvereinigung der Bühnentechniker. Er nimmt mit den Kollegen Fritz Brandt in Berlin, Julius Klein in München, Albert Rosenberg in Köln, Wilhelm Dodell in Schwerin und Friedrich Kranich in Bayreuth Kontakte auf. Diese sechs Pioniere einer modernen Bühnentechnik bildeten einen Gründungsausschuss und verfassten im September 1905 in gegenseitiger Übereinstimmung ein Werbe- schreiben an alle zu jener Zeit tätigen verantwortlichen technischen Bühnenleiter in unabhängigen Positionen im Deutschen Reich. Die Idee, dass nur ein starker Berufsverband die Interessen der bühnen- technischen Vorstände mit Macht und Ansehen gegenüber der Öffentlichkeit und den Theaterleitungen würde vertreten können, war einer der Faktoren dieses Werbeschreibens. Ebenso galt es Nachwuchsschulung, Ausbildung anzuregen und gegenseitige Informationen über neue Erfindungen und sich ergebende Arbeitsprobleme auszutauschen. Auch sollten das Ansehen und die gesellschaftliche Stellung der bühnentechnischen Berufsgruppe gehoben und den künstlerischen Theaterleitungen ein äquivalentes Gegenüber geschaffen werden. Inwieweit auf dieses Werbeschreiben eine entsprechende Resonanz seitens der angesprochenen Kollegen erfolgte, ist den Archiven leider nicht zu entnehmen. Sie kann aber nicht über- zeugend gewesen sein, wie aus einzelnen später in anderen Zusammenhängen abgegebenen Bemerkungen hervorgeht. Die schon in der Einleitung erwähnte Eigenbrötelei trug wahrscheinlich ein übriges zu der mageren Resonanz bei. Doch Schick und seine fünf ersten Mitstreiter liessen sich nicht entmutigen und setzten im darauf folgenden Jahr neue Akzente.
1905 jedenfalls war mit dem Vorstoß von Hofrat Schick endlich eine Initiative entstanden, die vielfältig verzweigten Interessen der Bühnentechnik zu bündeln und somit die Basis für einen Berufsverband zu schaffen. Man wollte die mannigfache Arbeit jedes einzelnen

Bühnentechnikers zu einem systematisch gegliederten Ganzen zusammenfassen und damit die auf verschiedenste Weise und an verschiedenen Orten gewonnenen Einzelresultate für den gesamten Berufsbereich nutzbar machen. Die Bedeutung der jeweiligen Einzelarbeit sollte durch ihre Bekanntmachung an alle Berufskollegen zu einem größeren Erfolg führen.

Theatergeschichte
1905 wird in Frankfurt am Main das gegenüber dem 1888 erbauten Hauptbahnhof neu erbaute Albert Schumann-Theater als Operetten- Spielstätte eröffnet. Der in reinstem Jugendstil gehaltene Bau wird wenig später auch für Varieté – und Zirkusvorstellungen genutzt. In Nürnberg wird am 1. September 1905 ein neuerbautes Opernhaus eröffnet.

Das Umfeld
Das Deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm II erlebt als Kolonialmacht eine wirtschaftliche Blütezeit und baut seine Interessen für Handel und Industrie auch nach Ostasien aus. Japan erweitert sich territorial und besetzt die Koreanische Halbinsel nach einem Krieg mit China. Da auch das Russische Reich Interessen an diesem Gebiet hat, ent- wickelt sich 1905 der russisch-japanische Krieg.
Die seit dem 14. Dezember 1902 im Betrieb befindliche Berliner Hoch-, beziehungsweise U-Bahn erhält 1905 mit dem sogenannten Gleisdreieck im Bereich des Anhalter Bahnhofs eine in Form eines gleichschenkligen Dreiecks gestaltete Kreuzung zweier Linienführungen, bei der die Richtungsgleise kreuzungsfrei aneinander vorbeifahren.