Der Fachverband
Trotz des lebhaften Betriebes auf der Theaterszene mit Neu- und Umbauten im Jahr 1909 wollte es mit der Verbandsarbeit der beiden Verbände in Wiesbaden und Berlin nicht so recht vorangehen. Die Mitarbeit der immer noch geringen Zahl der Mitglieder beider Verbände ließ sehr zu wünschen übrig, was sich besonders beim Wiesbadener Verband bemerkbar machte.So war es insbesondere mit der BTR nicht zum Besten bestellt. Obwohl die Schriftleitung zu Beginn des Berichtsjahres 1909 von Hofrat Schick – Wiesbaden an den Berliner Hofrat Fritz Brandt und zu dessen Unterstützung außerdem an den Dresdener Max Hasait übergegangen war, gelang es den Beiden trotz eifrigster Bemühungen nicht die vorgesehenen sechs Hefte pro Erscheinungsjahr herauszubringen. Erst im Juni 1909 erschien ein Heft mit der Nummer 5. Unter der Überschrift Mahnwort auf der Titelseite wurde noch einmal der Zweck und die Notwendigkeit der Zeitschrift als Organ der gemeinschaftlichen Interessen beschworen. Leider allem Anschein nach wieder ohne den erhofften Erfolg, so dass lediglich noch einmal im Oktober 1909 ein Heft erscheinen konnte. Ab dann wurde ihr Erscheinen für die nächsten Jahre eingestellt. Mitteilungen an die Mitglieder erfolgten per Rundschreiben. Der eigentliche Grund der Erscheinungspause der BTR ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, da entsprechende Unterlagen fehlen. Auch Mitgliederversammlungen oder Tagungen fanden in dem Berichtsjahr 1909 bei dem Wiesbadener Verband nicht statt. Bei der Berliner Vereinigung der Technischen Bühnenvorstände gab es keine Veränderungen. Man traf sich zweimal monatlich zum Austausch der Meinungen und zum fachsimpeln. Für die Verbandsveröffentlichungen erschien seit dem Spätsommer 1908 eine neue Fachzeitschrift mit dem Namen: Deutsche Theater-Zeitschrift, Berlin-Steglitz, Herausgeber: Gustav Mayd. J. und Karl-Ludwig Schröder. Diese Zeitschrift erschien seit einem Jahr und beinhaltete die Jahrgänge 1/1908, 2/1909. Sie wird ab dem Berichtsjahr 1909 von der Berliner Vereinigung als Mitteilungsblatt für ihre Mitglieder mitbenutzt. Obwohl die Einzelhefte dieser Zeitschrift noch vorhanden sind, konnten aber nur unwesentliche Fachartikel über Bühnentechnik oder dergleichen Dinge darin gefunden werden. Diese Zeitschrift bildete aber nur einen schwachen Ersatz für die Bühnentechnische Rundschau. Das Jahr 1909 war eines der nicht gerade ereignisreichen Kapitel dieser Geschichte der Verbandsarbeit.
Theatergeschichte
Das nach Plänen des Stadtbaurates Möbius in den Jahren 1907/08 erbaute Opernhaus Chemnitz wird im Jahre 1909 in Betrieb genommen. Die Stadt Hildesheim erhält ihr erstes Stadttheater, welches bis zum zweiten Weltkrieg bespielt wurde. Am 17. Dezember 1909 wird das neue Meininger Hoftheater am gleichen Platz des alten abgebrannten Hauses, nach nur eineinhalbjähriger Bauzeit seiner Bestimmung übergeben. Es ist äußerlich klassizistisch, innerhalb in schlichtem Empirestil von dem in Meiningen wirkenden Hofbaurat Behlert erstellt worden. Am Dornhof in Osnabrück wird am 20. September 1909 das im selben Jahr erbaute Theater der Stadt in Betrieb genommen. Bad Salzuflen erhält in den Jahren 1908/09 ein Kur- und Stadttheater, welches zu Beginn der Spielzeit 1909/10 eröffnet wird. In Stuttgart entsteht, mit ca. 500 Plätzen, das heute als Altes Schauspielhaus bezeichnete Theater in der Kleinen Knigsstraße 9. In Wolfenbüttel wird das in den Jahren 1908/09 in Jugendstil von Konrad Dauer errichtete Lessingtheater zu Ende des Jahres 1909 eröffnet. Es hatte bis zum ersten Weltkrieg ein eigenes Ensemble. Später wurde es von anderen Theatern der Umgebung und durch Tourneetheater bespielt. Zwischenzeitlich war es auch einmal ganz geschlossen um dann nach dem zweiten Weltkrieg als reines Gastspieltheater benutzt zu werden. In Baden bei Wien wird das von Fellner & Hellmer in den Jahren 1908 bis 1909 erbaute Stadttheater am 2. September 1909 eröffnet. Das aus dem 19. Jahrhundert stammende ehemalige Stadttheater in Basel wurde im Jahre 1904 durch einen Brand völlig zerstört. Am 20. September 1909 wird an seiner Stelle ein neues Haus als Stadttheater Basel dem Betrieb übergeben.
Das Umfeld
In der Entwicklung der Fernsprechtechnik waren kurz vor der Jahrhundertwende, ca. 1889, Ideen für eine Automatisierung der Telefonvermittlungsanlagen aufgetaucht. Der Amerikaner Almon B. Strowger ließ sich seine Hebdrehwähler-Technik patentieren. Die volle elektromechanische Automatisierung wurde aber erst erreicht, als die Handwähler, Wählscheiben der Telefone, direkt die Aktionen in der automatischen Vermittlung steuerten. Im November 1909 wird das erste dieser automatischen Ämter innerhalb Deutschlands in München – Schwabing in Betrieb genommen. Die seit dem Jahre 1906 in christlichen Gewerksvereinen und freien Gewerkschaften zusammengeschlossenen Industriearbeiter, welche in diesen Vereinigungen die Aufgabe sahen, bessere Lebensbedingungen für sich zu erreichen, rückten in den Folgejahren – auch 1909 – von den Forderungen der Sozialdemokraten nach einer Weltrevolution entschieden ab. Dieser Umstand bewirkte bei den Sozialdemokraten ein Umdenken vom gewaltsamen Umsturz zu einer gemäßigten Reformpartei, welche eine friedliche Umwandlung der Gesellschaft für möglich erachtete. – Mit einem Lebensalter von zwanzig Jahren versuchte ein gewisser Adolf Hitler, der seit 1908 als Gelegenheitsarbeiter, Maler/Anstreicher, in Wien lebte, an der Wiener Akademie der bildenden Künste als Maler- oder Architekturstudent aufgenommen zu werden.