1913

Der Fachverband

Für das Jahr 1913 existiert Ÿüber die Arbeit des Verbandes Deutscher Bühnentechniker lediglich eine kurze Notiz zu einer Tagung in Leipzig unter der Leitung von Max Hasait aus Dresden. Zu welchem Zeitpunkt und wo in Leipzig diese Tagung abgehalten wurde, war den zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Jedenfalls wurde, in der später durch Walter Unruh 1966 erstellten Liste aller Bühnentechnischen Tagungen, diese Leipziger Tagung als dritte aufgelistet.

Als Ziel des Verbandes wurde eine Verlautbarung des Zusammenschlusses aller Fachkollegen zur Förderung und Wahrung der Standesinteressen und Erweiterung der fachwissenschaftlichen Bildung, veröffentlicht. Als einigermaßen zuverlässige Berichtquelle kommt hier wieder der Neue Theater Almanach (Bühnenjahrbuch) in Frage, der allerdings immer ein Jahr hinter der Realität her hinkte. Daraus erklärt sich die schließlich im Almanach des Jahres 1913 erscheinende Mitteilung von der im Jahre 1911 erfolgten Vereinigung der beiden Verbände von Wiesbaden und Berlin.

Der Anstoß zur 1913 erfolgten Berichtigung im Almanach wurde anscheinend von der Berliner Gruppe erwirkt, weil diese die regelmäßig zugesandten Fragebogen zur Aktualisierung automatisch zugestellt bekam und nach neuestem Stand korrigiert an die Redaktion zurückgeben musste. Der Eintrag lautete folgendermaßen: 

Auf Grund der Generalversammlung am 10. und 11. Juli 1911 in Dresden haben sich der Verband der Deutschen Bühneningenieure und Bühnentechniker, Wiesbaden und die Vereinigung der Technischen Bühnenvorstände, Sitz Berlin, welche beide die gleichen Ziele erstreben, zu dem Verband Deutscher Bühnentechniker vereinigt. Der Verband erstrebt den Zusammenschluss aller Fachkollegen behufs Förderung und Wahrung der Standesinteressen, sowie Anregung und Erweiterung der fachwissenschaftlichen Bildung. Dem neu bestimmten Vorstand gehören an als erster Vorsitzender: Geheimer Hofrat Fritz Brandt, Königliche Schauspiele, Berlin; zweiter Vorsitzender: Carl Raimund, Berlin; Kassierer: Willy Wolff, Techn. Oberinspektor, Berliner Theater; Erster Schriftführer: Fritz Heimreich, Obermaschinenmeister am Lessingtheater, Berlin; Zweiter Schriftführer: Max Hasait, Techn. Oberinspektor, Königliches Opernhaus Dresden; ferner drei Beisitzer: die Herren Rudolph Oworsky, Techn. Oberinspektor, Deutsches Theater, Berlin; Adolph Linnebach, Techn. Oberinspektor, Königliches Schauspielhaus, Dresden; Louis Hauschild, Obermaschinenmeister am Stadttheater Halle a. d. S.“

FüŸr das Berichtsjahr 1913 bleibt als Resümee festzustellen, die Arbeit des Verbandes Deutscher Bühnentechniker verlief ohne bemerkenswerte Höhepunkte.

Theatergeschichte

Das Jahr 1913 brachte im wirtschaftlich technischen Bereich, besonders im Theaterbau und dessen maschinentechnischer Ausstattungen der Bühnentechnik markante Entwicklungen. Die Vollendung eines jene Zeit prägenden Unternehmens fällt in seiner Endphase mit dem Berichtsjahr 1913 zusammen. Es handelte sich um den Neubau des Dresdner Schauspielhauses vom September, bei dem das von Adolf Linnebach entwickelte erste Doppelstock-Verwandlungssystem weltweite Anerkennung, Auszeichnungen und Bewunderung von Fachleuten und Laien fand. Es wurde zu einem richtungsweisenden Meilenstein des damit begonnenen Maschinenzeitalters in der Bühnentechnik.

Zwei ganz andere Unternehmen des Baus von Veranstaltungsstätten mit Theatertechnik fallen in diesen Berichtszeitraum. Der Besitzer des Zeltzirkusses Sarrasani H. Stosch lässt in Dresden erstmalig einen Festbau für seinen Zirkus Sarrasani, errichten, der im Laufe des Jahres in Betrieb genommen wird.

Die BASF-Werke errichten in diesem Jahr für allgemeine kulturelle Veranstaltungen, aber vorwiegend für Theateraufführungen in Ludwigshafen das sogenannte Feierabendhaus, welches noch heute existiert und benutzt wird. Es dürfte neben Peine eine der ersten Mehrzweckhallen nach heutigen Maßstäben gewesen sein.Im gleichen Jahr erhält die Gemeinde Mšödling/Österreich ein kleines Theater mit ca. 310 Plätzen. Dieses Haus wird am 3. Oktober 1913 eröffnet. Ab dem Jahr 1919 ging es in den Besitz der Stadtgemeinde Mödling über und wurde später auch als Kino benutzt.

Das Umfeld

Die Wirkung der Balkankriege auf die europäischen Mächte war ein allgemeines Wettrüsten, welches das Deutsche Reich mit der Heeresvorlage vom März 1913 und Frankreich mit der gleichzeitigen Wiedereinführung der dreijährigen Wehrdienstpflicht eröffnete. Es entsprang der selbst unter führenden Militärs verbreiteten und durch die raschen Entscheidungen der 1911/12 geführten Balkankriege genährten Vorstellung, dass ein Europäischer Krieg schnell vorübergehen werde. Man müsse nur für die erste sogenannte Entscheidungsschlacht, ausreichend gerüstet sein. Eine sehr verhängnisvolle Überlegung, wie sich in späteren Jahren herausstellen sollte.