Der Fachverband
In der Arbeit der Berufsgruppe hatte man sich, Dank der Mithilfe des Vorstandes der Bühnengenossenschaft, sozial festigen können und beim Bühnenverein, den Behörden und Gemeinden an fachtechnischem Einfluss gewonnen. Doch mit diesen wachsenden Erfolgen entwickelte sich bei vielen Mitgliedern eine Selbstzufriedenheit, die mit einer gewissen Unbeweglichkeit zur Weiterentwicklung verbunden war. Walther Unruh sei an dieser Stelle auszugsweise zitiert, weil er es für das Verständnis dessen, was gemeint war, am besten dargestellt hat.
Während ich in den letzten Theaterferien (1925) den Bericht über die Jahrestagung von 1924 unserer Berufsgruppe ausgearbeitet hatte, kamen mir einige kritische Gedanken über den Aufbau der Dresdner und der Frankfurter Tagung und einige Zweifel, obwohl der äußerlich große Erfolg der ausgezeichneten Darbietungen beider Tagungen – ich dachte dabei insbesondere an die technischen Vorstände an den kleineren Bühnen – eine überzeugende und praktische Erweiterung ihrer bühnentechnischen Kenntnisse und Interessen gegeben habe und somit erst eigentlich den Erfolg erbracht habe, den man von einer Tagung fachlicher Art erwarten müßte. Dass die letzten Tagungen mit ihren Darbietungen und Vorträgen Erstklassiges boten, weiß jeder Teilnehmer aus eigener Anschauung. Doch waren nicht viele Dinge für den gewöhnlichen Sterblichen, der nicht das Glück hat, an einem Staats-, Landes- oder Stadttheater zu wirken, unerreichbare Ziele, teils überhaupt ex cathedra vorgetragene Idealzustände? Gibt es nun aber nicht in der Praxis des Bühnentechnikers viele allgemein gültige Fragen technischer und organisatorischer Art, die in Vortrag und Diskussion behandelt zu werden verdienen und deren Klärung für jeden wertvoll und anregend sind und als bleibender praktischer Gewinn mit nach Hause genommen werden können? Statt der bisher gebotenen 5 Vorträge nur 2 und den Hauptwert lege man auf die Behandlung eines oder mehrerer vorher bekanntgegebenen Themen in kurzem Referat, Gegenreferat und Diskussion, etwa über die Arbeitszeitregelung oder das Magazinwesen oder die Einrichtung einer bekannten Vorstellung oder über die örtlich wirksamen polizeilichen Vorschriften oder anderes. – Je ein Kollege eines modern oder eines alt eingerichteten Theaters wird vor der Tagung vom Vorstand, der bei der Aufstellung des Programms etwa zwei Themen auswählt, benachrichtigt, dass er ein Referat über das zuvor bestimmte Thema zu halten hat. Dasselbe wird bei der Einladung bekanntgegeben und jeder, der Interesse daran hat oder etwas zu dem betreffenden Gebiet mitzuteilen oder zu fragen hat, der trete vor.
Mit diesem Aufsatz hatte Unruh einen Nerv getroffen, der eigentlich alle kommenden Tagungen bis zum heutigen Tag betraf.
Schon in den beiden vorangegangenen Berichtsjahren war immer wieder die Rede von einer großen geplanten Theaterausstellung, was immer darunter verstanden werden sollte, in Magdeburg gewesen, welche in diesem Berichtsjahr stattfinden sollte. Da sich aber erhebliche Schwierigkeiten bei deren Realisation ergaben, wurde sie auf das Jahr 1927 verschoben. Die Berufsgruppenleitung wollte diese Ausstellung zum Anlass nehmen, die Bühnentechnische Tagung mit derselben zu verbinden. Nun musste man wegen der Verlegung des Termins einen anderen Tagungsort nominieren. Auf der 1925er Tagung in Dresden wurde Düsseldorf als nächster Tagungsort festgelegt. Diese 13. Bühnentechnische Tagung fand dann dort vom 8. bis 10. Juli statt.
Sie begann im Foyer des Stadttheaters mit der Begrüßung durch den Kulturdezernenten der Stadt und dem Gruppenobmann A. Ludwig – Lübeck. Es gab über 100 Teilnehmer, welche sich aus den Mitgliedern der Berufsgruppe, aus Firmenvertretern, sowie aus Intendanten, Oberspielleitern und einigen anderen Bühnenberufsgruppen zusammensetzten. Als Ehrengäste waren zwei Regierungsbauräte der Düsseldorfer Prüfungskommission anwesend. Als erstes Thema wurden Bühnenunfälle allgemein behandelt. Man hatte zu diesem Zweck im Laufe des Jahres Fragebögen verschickt, deren Auswertung ergab, dass auf jedes Theater in Deutschland 9,5 Unfälle entfielen, wobei ein großer Teil durch die verschiedensten Maschinerien und Mechanismen bedingt sind, die zur Unterstützung szenischer Vorgänge erforderlich werden, ohne dass die Darsteller unmittelbar mit der Maschinerie zu tun haben. Da es aber immer Bühnenunfälle sind, wird in jedem Falle der technisch verantwortliche Vorstand zur Rechenschaft gezogen.
Darauf folgte eine längere Aussprache über die Prüfungsordnung. Wenn diese vorläufig nur in Preußen eingeführt wurde, so haben doch die anderen deutschen Länder die Vorarbeiten bereits aufgenommen. Es wurde auf Klarstellung des § 10 gedrängt, der die Befreiung von der Prüfung nach 10-jähriger Tätigkeit in einem Bühnentechnischen Betrieb behandelt. Die Mehrzahl der Anwesenden war der Ansicht, dass es sich dabei nur um eine zehnjährige Tätigkeit als bühnentechnischer Vorstand handeln könne. Außerdem wurde eine wichtige Resolution gefaßt:
Die in Düsseldorf tagende Berufsgruppe der technischen Bühnenvorstände hält die Fassung der § 5 und 8 der zwischen der GDBA und dem Bühnenverein abgeschlossenen Dienstordnung für Inspizienten und Souffleure/Souffleusen als gegen die Rechte der technischen Vorstände verstoßend und stellt daher den Antrag, zu dem § 5 einen Kommentar in der Art zu geben, dass das Sich-Überzeugen des Inspizienten vom richtigen Aufbau der Dekorationen, Möbel und Requisiten im Befragen des Technischen Leiters besteht, ob die Bühne in Ordnung sei.
Dieser Beschluss war wahrscheinlich notwendig geworden, da wegen Einführung der Prüfungsordnung und Änderungen der Polizeivorschriften, wiederholt Unstimmigkeiten auftraten, wenn es um dieses Thema ging.
Im Tagungsprogramm folgte ein Bericht, dass ab 1927 in Paris während drei Wochen, Franzosen, Deutsche und Russen Aufführungen verschiedener Werke veranstalten wollten. Jedes der beteiligten Länder sollte ein Komitee mit künstlerischen und technischen Vertretern bilden. Die Mitglieder der Tagung nominierten die Herren Hasait – Dresden, Prof. A. Linnebach – München und Fr. Hansing – Stuttgart. Die Reichsregierung hatte ihre weitgehende Unterstützung zugesagt. Diese Idee eines internationalen Vorstellungsaustausches wurde nach dem zweiten Weltkrieg als Theater der Nationen mit großem Erfolg wieder belebt.
Anschließend folgten noch zwei interessante Vorträge und Demonstrationen über: Elektrisch ferngesteuerte Bühnenscheinwerfer und über Radioübertragungen von Opern. Anschließend an diese Vorträge wurde das Bühnenbild der Aufführung Das große Welttheater mit der dafür entwickelten Beleuchtung vorgeführt.
Bei einer internen Beratung der einer Prüfungskommission angehörenden technischen Bühnenvorstände ging es um den Runderlass des preußischen Ministeriums des Inneren vom 22. Oktober 1925 über die Prüfung von technischen Bühnenvorständen in Preußen. Und zwar hauptsächlich um die § 10 Befreiung von der Prüfung und § 11 Erleichterung der Prüfung hinsichtlich der Vorschriften. Man befürchtete, dass sich mit der Auslegung dieser beiden Paragraphen ungeeignete Kräfte in unrechtmäßig erworbenen Stellungen halten könnten. Auf eine Eingabe an das Preußische Ministerium des Inneren, erteilte dieses unter Aktenzeichen II E. 1824 11/26 dass nur solche Vorstände befreit sind, welche mindestens zehn Jahre lang in einem Bühnenbetriebe als technische Bühnenvorstände einwandfrei tätig waren. Im Zusammenhang mit vorstehender Mitteilung des Ministeriums wurde mitgeteilt, dass auch für die Provinz Westfalen die Errichtung einer Prüfstelle mit Sitz in Dortmund verfügt wurde. Anschließend an diese Sitzung der Prüfungskommissionsmitglieder gab es unter anderem noch drei Vorträge, denen sich eine größere Debatte anschloß. W. Unruh – Mannheim sprach über: Personalabbau und Arbeiterfragen und Prof. A. Linnebach über: Ziele der modernen Bühnentechnik. Einer Führung durch eine Ausstellung von Bühnenmodellen Düsseldorfer Theater schloss sich eine Vorführung von Farblichtmusik durch deren Erfinder Lazio an, die überaus starke Eindrücke auf die Besucher hinterließ. Diesen Farblichtmusik – Vorführungen entsprachen den nach dem zweiten Weltkrieg durchgeführten Musik-Licht-Veranstaltungen unter dem Namen Son et Lumiére, bei denen die Geschichte historischer Baudenkmäler mittels Licht- und Musikabläufen demonstriert werden.
Schließlich fanden noch zwei Besichtigungen statt, zunächst im Stadttheater die Vorführung eines neuartigen Bühnenwagens mit einer Hubkonstruktion, durch die der Wagenbodenbelag angehoben werden konnte, dann wurde im Orchestergraben eine Orchesterüberdachung, sowie eine zugluftfreie Lufterneuerung mit genauer Regelung von Temperatur und Feuchtigkeit gezeigt. Daran schloss sich ein Besuch der Firma Liesegang an, welche damals erste Projektionsapparate fabrikmäßig baute. Im Anschluss erfolgte noch eine Besichtigung des Duisburger Stadttheaters, welches vorbildlich neu gestaltet worden war und der Besuch einer Festaufführung von Weber‘s Oberon im Düsseldorfer Stadttheater.
Mit Ausflügen nach Bad Godesberg und den Rheinischen Werkstätten für Bühnenkunst wie auch dem berühmten Freilichttheater mit seinem 6000 Personen fassenden Zuschauerraum schloss eine interessante und erfolgreiche Tagung.
Übrigens wurde im Rahmen der Tagungsausstellung auch auf verschiedene Neuerungen aufmerksam gemacht. So hatte die Firma Fritsch & Sohn – Dresden-Kötschenbroda hydraulische Zugeinrichtungen mit elektrischer Steuerung, längs – und quer verfahrbare Bühnenwagen und eine neuartige Parallelseilführung bei Versenkungen entwickelt, welche aufgrund ihrer Konstruktion die bis dahin notwendig gewesenen Seiltrommeln entfallen lassen konnte. — Im Zusammenhang mit der Ausstellung stand auch die Mitteilung über: Anwendung des Filmes im Bühnenbild. Man schrieb dazu unter anderem:
Wir leben heute in einer Zeit des Übergangs, in welchem die Bühnendarstellung nach neuen Formen ringt. Daneben ist als neue Kunstform der Film gekommen. Es ist daher nur natürlich, dass der künstlerische Gestalter die Mittel beider Formen für seine Zwecke zu nutzen sucht. Zur Erreichung bestimmter künstlerischer Ziele verhalf Piscator durch Filmprojektion von Vorgängen allgemeiner Art, welche sozusagen hinter der Szene abliefen, aber in Verbindung mit dem realen Geschehen auf der Bühne standen, dem Zuschauer zum besseren Verständnis. Diese Filmsequenzen dienten ihm nicht nur dazu, stimmungsmäßige Übergänge zu schaffen, sondern vielmehr den Zuschauer in Atem zu halten und die dramatische Wucht der einzelnen Vorgänge zu vertiefen.
Als Nachtrag ist noch von einer Berufsgruppeninterna zu berichten: Der siebenköpfige Verwaltungsrat der GDBA war nämlich nicht gleichwertig mit entsprechenden Vertretern aller Berufsgruppen der GDBA besetzt, was wiederholt zu Unstimmigkeiten geführt hatte. So wurde auf der Düsseldorfer Tagung von den Mitgliedern der Berufsgruppe der technischen Bühnenvorstände folgender Antrag gestellt und an das Präsidium der Genossenschaft weitergeleitet: Bei einem Verwaltungsrat von 7 Köpfen sind mindestens 2 Sitze abwechslungsweise von Angehörigen solcher Berufsgruppen zu besetzen, welche unter den fünf verbleibenden Mitgliedern keine eigenen Vertreter haben.
Ein besonderes Ereignis in der Berufsgruppe stellte der 80. Geburtstag von Geheimrat Fritz Brandt – Berlin am 25. Februar dar. Er war bis zu seiner Pensionierung Maschineriedirektor der ehemaligen Berliner Hoftheater und, hier besonders hervorzuheben, Mitbegründer des Wiesbadener Verbandes, sowie zeitweiliger Schriftleiter der BTR. Beginnend mit der Gratulationstour des technischen Personals der Staatstheater und einer großen Zahl von Honoratioren, Freunden und Berufskollegen, folgten im Laufe des Tages Glückswunschtelegramme aus allen Teilen der Welt. Zum Ende des Berichtsjahres sei noch eine Angelegenheit aufgegriffen, welche sich so oder ähnlich auch in späteren Jahren abgespielt hatte. Es ging um eine Häufung von Theaterausstellungen in aller Welt und den dadurch entstandenen Zwang der theaterbeliefernden Industrie nach Möglichkeit überall aus Geschäftsgründen anwesend sein zu müssen. Ausgelöst wurde diese Debatte durch das Gerangel um die ursprünglich für 1926 in Magdeburg geplante, dann aber auf 1927 verschobene, Theaterausstellung, zu der sich noch ähnliche Veranstaltungen gesellten. Deshalb veröffentlichte die Bühnentechnische Rundschau in ihrem Heft 3, dem ersten Sonderheft zu einer Bühnentechnischen Tagung, die längere Zuschrift eines Süddeutschen Industriellen, in der es u. a. heißt:
Über das Kapitel Ausstellungen wollen wir ganz klar sehen und uns eingestehen, dass solche zu einem wirtschaftlichen Unfug geworden sind. Wir wissen alle, wie schlecht zur Zeit die Wirtschaftslage ist. Die Zahl der Konkurse wächst. Für jeden reellen Geschäftsmann heißt es heute sparen und die gleichen Worte sagen einem die Theaterbehörden beim Einholen von Aufträgen. Immer das gleiche Lied: Wir müssen sparen, denn der Etat ist nur zum Teil bewilligt worden. Da soll nun die Industrie usw. Tausende von Mark für eine Spezialausstellung opfern, wo diese Gelder heute im eigenen Betrieb nötiger gebraucht werden als je zuvor … A.N.
Theatergeschichte
Ostern fand in Meiningen eine Festwoche zur Feier der 100. Wiederkehr des Geburtstages von Herzog Georg II. von Sachsen – Meiningen statt, der als genialer Reformator der deutschen Bühnenkunst galt. Er hatte nicht nur den Inszenierungsstil von Grund auf reformiert sondern auch der Bühnentechnik seiner Zeit unerhört viele Anregungen und Modernisierungsvorschläge unterbreitet. Obwohl er dem viel gescholtenen Naturalismus anhing und sowohl im Bühnenbild als auch beim Kostüm, natürlich nach eigenen Entwürfen, bis zur letzten Kleinigkeit auf absoluter Echtheit von Material und Ausführung bestand, war er später ein ebenso unerbittlicher Verfechter der Modernisierung der Szene. Er verhalf dem Einsatz des Rundhorizontes und der damit verbundenen Bühnenbildprojektion eines Hugo Bähr- Dresden zur damals erreichbaren Perfektion. Kein Wunder dass die BTR seine Arbeiten anläßlich des o.g. Jubiläums in Erinnerung brachte.
Trotz des 1910 ausgeführten Umbaus galt die Bühnentechnik der Staatsoper Unter den Linden als restlos veraltet und überholungsbedürftig. Die Pläne für einen erneuten Umbau waren bereits vor dem Krieg 1914/18 erstellt worden und mussten damals zurückgestellt werden. Hinzu kam, dass im Januar 1923 ein neues großes Opernhaus an Stelle des Kroll‘schen Etablissements als Krolloper eröffnet worden war, welche der Staatsoper betrieblich angeschlossen wurde und damit dieser eindeutig den Rang in der technischen Qualität ablief. Trotz des Drängens der Berliner Polizeibehörde und der von ihr angedrohten Schließung des Hauses, konnte man sich nicht zu einem Baubeginn entschließen. Man hatte Angst, dass die neu geplante Bühnentechnik nicht mehr in einem wirtschaftlich vertretbarem Verhältnis zu dem nur 1.500 Personen fassenden Zuschauerraum stehen würde und tat das gesamte Projekt als technisch übertrieben ab. – Dann scheint aber seitens der Landesregierung Berlin doch ein Machtwort gesprochen worden zu sein, denn es wurde verlautbart, dass bis zum 1. Juli eine endgültige Bauentscheidung vom Preußischen Landtag gefällt werden sollte. Ob aber der Baubeginn noch in dieses Berichtsjahr fiel, war heute nicht mehr einwandfrei festzustellen.
Die im letzten Berichtsjahr angesprochenen Brände veranlaßten den Berliner Branddirektor im Theaterausschuss des Reichsvereins Deutscher Feuerwehringenieure den Antrag zu stellen, bei der Neubearbeitung der Theaterbauverordnung den Zusatz einzubringen: Feuergefährliche feste, flüssige oder gasförmige Stoffe wie Benzin, Benzol, Petroleum, Spiritus, Zelluloid, Sprengstoffe aller Art usw. dürfen auch nicht vorübergehend in Theaterbetriebsräumen gelagert werden. Ausgenommen hiervon seien solche Räume, welche von der Polizeibehörde für deren gefahrlose Lagerung besonders zugelassen wurden.
Für den Umbau des Stadttheaters Görlitz wurde ein Betrag von 200.000,— Mark über den Voranschlag hinaus benötigt. In knapp drei Monaten wurde das Bühnenhaus, das mit seinen veralteten Holzkonstruktionen den Anforderungen eines modernen Theaters nicht mehr entsprach, gänzlich erneuert. Es wurde mit den modernsten technischen Neuerungen versehen, von denen besonders der Rundhorizont und die hydraulischen Versenkungen als wertvollste Errungenschaft erwähnt wurden. Die Beleuchtungsanlage wurde weiter verbessert.
Am 4. September 1926 erfolgte die Schließung des Berliner Privattheaters Die Tribüne aus sicherheitspolizeilichen Gründen. Der Direktor hatte die ihm seit einigen Jahren wiederholt gemachten Bauauflagen zur Beseitigung sicherheitstechnischer Missstände für das Gebäude nur zum Teil durchführen lassen und berief sich darauf, dass erst einmal die staatlichen und städtischen Bühnen Berlins derartige Auflagen erfüllen sollten, ehe man die Privattheater damit konfrontiere. Diesem Anspruch schlossen sich alle Berliner Privatbühnendirektoren an, die von dem Einschreiten der Polizeibehörde bei der Tribüne aufgeschreckt worden waren, da in allen Berliner Theaterbetrieben zum Teil erhebliche sicherheitstechnische Missstände und menschenunwürdige Garderoben- und Arbeitsverhältnisse bestanden.
Das Zürcher Schauspielhaus wurde während des Sommers einem umfassenden Umbau unterzogen und mit allen Einrichtungen der modernen Bühnentechnik versehen.
Das Staatstheater in Odessa wurde nach dem Vorbild des Wiesbadener Staatstheaters mit 12 Wenderohren auf den Arbeitsgalerien und mit einer Vorhangberieselung, welche von Hand und/oder elektrisch in Betrieb gesetzt werden konnte, sowie mit Explosions- und Rauchschiebern versehen.
Für ein neues Haus der Metropolitain-Opera New York konnten zwei Bauplätze gefunden werden. Sobald durch den Verkauf des alten Gebäudes genügend Gelder aufgebracht worden seien, sollte mit dem Neubau begonnen werden.
Im Heft 5 der BTR erfolgte unter der Überschrift: Wieviel Theater gibt es in Europa? ein interessanter Nachdruck aus einer französischen Kunstzeitschrift. Es zeigte sich, dass es in Frankreich und Italien bedeutend mehr Theater gab, als in den übrigen Ländern. Frankreich mit 596 Theatern wurde gefolgt von Italien mit 544 Theatern. Mit großen Abstand folgten England mit 372 und Deutschland mit 364 Theatern, Spanien mit 228, Belgien mit 94, Osterreich mit 75, Russland mit 62, Niederlande mit 56, Schweiz mit 43, Schweden mit 37, Norwegen mit 28, Serbien mit 18, usw. Bei dieser Statistik wurden nur Theaterunternehmen berücksichtigt, welche in festen Häusern dauernden Betrieb unterhielten. Trotz seiner internationalen Bedeutung im Theaterbereich rangierte Deutschland erst an vierter Stelle.
Bei den Ausführungen über dieses Berichtsjahr zeigte sich wieder, dass die zu behandelnden Probleme der damaligen Zeit, sich durchaus mit den heutigen vergleichen lassen.
Das Umfeld
Mit dem Locarno – Vertrag war es Stresemanns Außenpolitik gelungen, die Tür zur Aussöhnung mit den Westmächten aufzustoßen. Danach bemühte sich die Sowjetunion erneut um die Zusicherung, dass Deutschland neutral bliebe, falls Russland gezwungen sei, Krieg zu führen; Russland fühlte sich in dieser Zeit von Polen und Rumänien bedroht, die ihrerseits mindestens der französischen Unterstützung sicher waren. Deshalb verpflichteten sich im April die Sowjetunion und Deutschland, gegenseitig neutral zu bleiben, falls einer von ihnen angegriffen werde. Deutschland sollte sich darüber hinaus keinerlei Koalition anschließen, die einen wirtschaftlichen oder finanziellen Boykott der Sowjetunion zum Ziele haben könnte. Der Vertrag sollte zunächst für fünf Jahre gelten und dann erneuert und gegebenenfalls weiter ausgestaltet werden. Stresemann war es damit gelungen, seine konsequente Politik des Gleichgewichtes und der außenpolitischen Sicherung, fortzusetzen. In dieser Hinsicht standen auch seine Bemühungen um die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund.
Am 8. bis 10. September war es dann soweit. Stresemann konnte an der Spitze einer deutschen Abordnung unter dem begeisterten Beifall der Vollversammlung in den Sitzungssaal des Völkerbundes in Genf einziehen. In seiner Einführungsansprache bekannte er sich im Namen seines Volkes zur Völkerverständigung und Zusammenarbeit der Nationen. Frankreichs Briand, als Sprecher der Versammlung, feierte in seiner Antwort die Idee des geeinten Europas und die deutsch-französische Versöhnung als dessen Voraussetzung. Alle Regierungen der europäischen Staaten zeigten sich in diesen Jahren vom Geist der Versöhnung bewegt.
Der Russe Pawlow begründet mit der Reflexologie die wissenschaftliche Grundlage der Lehre von der Reflexion.
Unter dem Aspekt: Neue Forschungsstrategien gegen nationale Versorgungskrisen gab es intensive Aktivitäten Rohstoffe, welche besonders in der Mitte Europas nur geringe natürliche Vorkommen hatten, durch mögliche Ersatzstoffe qualitativ gleichwertig zu ersetzen. Damit gewannen die Forschungsergebnisse von Bayer – Leverkusen und Leuna – Bitterfeld-Merseburg an Bedeutung. Aus Butan, einer Kohlenwasserstoffverbindung und Butadien, einer aus Acetylen gewonnenen Vinylgruppe, welche als Gas durch Druck verflüssigt werden kann, entstand durch Polymerisation und Mitwirkung von Natrium ein künstlicher Kautschuk namens BUNA.
In der Californischen Filmzentrale Hollywood kreierte WaIt Disney in seinen Trickfilmateliers die Comicfigur Mickey Mouse, welche sich nach anfänglichen Startschwierigkeiten zu einem vielgeliebten Renner unter diesem Genre herausbildete.
BTR Ausgaben 1926
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