1927

Der Fachverband

Die Arbeit der Berufsgruppe Technischer Bühnenvorstände in der GDBA war während dieses Berichtsjahres im wesentlichen von der Deutschen Theaterausstellung 1927 in Magdeburg geprägt.
Der von verschiedenen Seiten angefochtenen Magdeburger Ausstellung drohte nach der Absage im Jahre 1926, trotz der angekündigten Verlegung auf 1927, mit großer Wahrscheinlichkeit das Aus. Ein wesentlicher Fehler seitens der Stadtverwaltung Magdeburgs bestand darin, dass man eine derartig umfangreich geplante Ausstellung schaffen wollte, ohne sich vorher der Zustimmung entsprechender Fachverbände oder der einschlägigen Industriezweige, als Mittträgern solcher Veranstaltungen, vergewissert zu haben. Die Veranstaltungsverantwortlichen der Stadt Magdeburg richteten einen ernstzunehmenden Hilferuf an die Berufsgruppe der Technischen Bühnenvorstände in der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen, ihre Bestrebungen zur Durchführung der geplanten Veranstaltung von Seiten der Berufsgruppe zu unterstützen. Diese setzte sich ab Jahresbeginn intensiv ein. 

Man plante den Besuchern der Magdeburger Theaterausstellung einen umfassenden Überblick über den vielseitigen technischen Apparat, welchen eine Aufführung erfordert, zu geben. Vom Magdeburger Stadttheater wollte man einen kompletten Theater-Malersaal in voller Funktion zur Ausstellung beisteuern. In einer eigenen 28 x 20 Meter großen Halle werde man Arbeitsweisen und -material in allen Einzelheiten den Besuchern vorführen. Außerdem wolle man den historischen Ausstellungsteil mit der Zurverfügungstellung der Originaldekoration zu Schillers Räubern von 1782 am Mannheimer Nationaltheater bereichern. Ein weiterer Aufruf zur Beteiligung an dieser Ausstellung erfolgte im Heft 1 der BTR zur Anmeldung von Material für die Historische bühnentechnische Abteilung. 

Von Seiten der Berufsgruppe erschien in einer Sondernummer der Bühnentechnischen Rundschau ein von 11 führenden deutschen Theatertechnikern unterzeichneter Aufruf zur Ausstellung, in dem es unter anderem heißt: 

Nach dem jetzigen Stand der Vorarbeiten, muss man die Überzeugung gewinnen, dass die Deutsche Theaterausstellung ein Markstein in der Geschichte des Deutschen Theaters wird. Diese Ausstellung wird zum ersten Male alles zeigen, was der Begriff Theater in sich vereinigt. Die Unterzeichneten bitten deshalb die Ausstellung nach besten Kräften zu unterstützen, damit ein lückenloses Bild von dem hohen Stand der deutschen Bühnentechnik und der gesamten Theaterindustrie geboten werden kann. Eine kleine Sonderschau der Berufsgruppe technischer Bühnenvorstände auf der Theaterausstellung in Magdeburg soll frühere bühnentechnische Einrichtungen vor Augen führen. Hier wird gezeigt werden, mit was für Mitteln unsere Vorgänger Effekte erzielt haben. Diese Schau ist nur zu ermöglichen, wenn die Unterzeichneten sich auf die Mitarbeit aller Berufskollegen stützen können, da die Schwierigkeiten, frühere technische Einrichtungen wieder ans Tageslicht zu bringen, sehr große sind. 

Aus diesem Aufruf konnte man den Meinungsumschwung der deutschen Theater- technik zu dem Magdeburger Projekt am besten erkennen. Auch das Interesse anderer Verbände, wie zum Beispiel der Feuerwehr, der Bauaufsicht der Länder und anderer, führte zur Belebung des Ausstellungsgedankens. Der Reichsverein Deutscher Feuerwehringenieure e.V. veranstaltete eine Tagung in Magdeburg, die sich mit der Entwicklung der Feuerschutzmaßnahmen in Theatern befassen sollte. Ausführlich wurden dabei alle Themen der baulichen Beschaffenheit, der theatertechnischen Ausgestaltung, des laufenden Theaterbetriebes und eines wirksameren vorbeugendem Brandschutz behandelt. Dabei wurden dann im Anschluss an die dort geführten Debatten unter anderem drei Anträge gestellt, welche die flammensichere Imprägnierung von brennbaren Dekorationen betrafen, weiterhin die Imprägnierungsmittel und schließlich die Verwendung von brennbaren Dekorationen in Anlagen, für die an sich unbrennbare Dekorationen vorgeschrieben sind. Anschließend an diese Anträge gab es noch einen Vortrag über: Sprinkleranlagen und deren Leistungsfähigkeit in Deutschland, wobei deren für und wider, insbesondere wegen entstehender Wasserschäden, in der anschließenden Diskussion ausführlich behandelt wurde. Dem Einsatz führender Theatertechniker und dem Theater nahestehender Institutionen war es zu verdanken, dass die Magdeburger Theaterausstellung zu einem einmaligen Ereignis wurde, welches – auch international – noch viele Jahre später als Vorbild und Wegweiser galt. 

Einige wichtige Dinge sollen noch herausgegriffen werden. So erschien zu Anfang des Jahres in der Bühnentechnischen Rundschau unter der Überschrift: Tagung 1927 ein Aufruf an alle Mitglieder der Berufsgruppe mit folgendem Wortlaut: 

Gegen den vom Gruppenrat vorgeschlagenen Termin sind keine Einwendungen erfolgt. Die Tagung findet demnach vom 7. bis 9. Juli in Magdeburg statt. An diese Veranstaltung schließen sich die Beleuchterkurse an, die voraussichtlich sechs Tage dauern werden. Für die Leitung dieser Kurse sind ausgezeichnete Theoretiker und Praktiker gewonnen worden. 

In Heft 2 der BTR gibt es eine kurze Notiz Für die Bühnenkünstlerische Abteilung der Deutschen Theaterausstellung Magdeburg 1927 ist eine Jury gebildet worden, um letzte Entscheidungen über das angemeldete Ausstellungsmaterial zu fällen“. Der Jury gehörten ein Theaterdirektor, ein Universitätsprofessor, ein Museumsdirektor, zwei Ausstattungschefs und ein Oberspielleiter an.

M. Hasait und A. Linnebach veröffentlichten unter der Überschrift: An die Deutschen Bühnentechniker in einem Sonderheft der BTR einen Aufruf, in dem es u. a. heißt: 

Die Theaterausstellung würde nicht sein, was sie sein will, wenn nicht alle an deutschen Bühnen tätige Techniker Vorschläge zur Verbesserung einreichen oder die von ihnen erdachten Neuerungen ausstellen würden. Die Vorstände der Berufsgruppe haben in Gemeinschaft mit der Ausstellungsleitung daher beschlossen, für die besten Lösungen der im nachstehenden Verzeichnis aufgeführten technischen Fragen, Diplome zu verleihen und die Ausstellungsleitung hat zudem Geldpreise zugesagt. Die Unterzeichneten glauben, dass auf diese Weise eine Beteiligung einer großen Anzahl von Kollegen der deutschen Theater erreicht werden kann und sie hoffen, dass von dieser Aufforderung hinreichend Gebrauch gemacht wird.

Bei der Berichterstattung über die Magdeburger Ausstellung gab es zwei Sondernummern der BTR, die beide unter Heft 3 gekennzeichnet waren. Als Erklärung dieses Sonderfalles muss angenommen werden, dass das erste Heft vor Beginn der Magdeburger Ausstellung und das zweite Heft nach Ende derselben herausgegeben wurde, wie sich aus den darin enthaltenen Berichten ergibt. 

In einem berichtete Friedrich Hansing unter der Überschrift: Die historische Abteilung für Bühnentechnik über die geplante Sonderschau der Berufsgruppe für Technische Bühnenvorstände u. a.: 

In dieser Abteilung soll die Entwicklung der Bühnen- und Beleuchtungstechnik gezeigt und der Öffentlichkeit frühere bühnen- und beleuchtungstechnische Einrichtungen vor Augen geführt werden. Eine solche Schau ist aber nur zu verwirklichen, wenn die Mitarbeit aller Kollegen gewährleistet ist, da es sehr schwer ist, frühere technische Einrichtungen wieder ans Tageslicht zu bringen, und weil ältere Konstruktionen in den meisten Fällen bereits vernichtet wurden. So richte ich an Bühnentechniker und Interessenten die Bitte, möglichst bald ältere Einrichtungen und Konstruktionen, eventuell Konstruktionszeichnungen derartiger Gegenstände anzumelden. 

Im zweiten Sonderheft gab Friedrich Hansing unter der Überschrift: Die Industrie auf der Theaterausstellung in Magdeburg, eine Darstellung der ausstellenden Industrie unternehmen. Er schrieb darin unter anderem: 

Die Stadt hat einen anerkennenswerten, überaus großen Willen zu einer kulturellen Tat bewiesen, der von allen Bühnenangehörigen, zumal in solchen Zeiten, nicht hoch genug einzuschätzen und überaus anzuerkennen ist. Aber als Bühnentechniker real denkend, frage ich: ‘Was trage ich an Neuem heim, dass sich Zeit- und Geldaufwand gelohnt hat?‘ Und da muß ich sagen, dass die Ausbeute für den Bühnentechniker sehr gering ist. 

Es wurden dann von ihm alle ausstellenden bühnen- und beleuchtungstechnischen Firmen aufgezählt und mit ihrem Ausstellungsgut ausführlich beschrieben. Daran schloss sich aber eine intensive Kritik Hansings über nach seiner Meinung fehlende Ausstellungsgegenstände an, unter anderem, dass man keine sauberen und mit allen modernen Hilfsmitteln wie Fernsprecher, Signalanlagen usw. ausgestatteten Aufenthalts- und Garderoberäume gezeigt hatte. Dieser Wunsch war für das Jahr 1927 gar nicht so abwegig, wenn man bedenkt, dass selbst ein so renommiertes Theater wie das Frankfurter Opernhaus in dem genannten Jahr noch keine Warmwasserversorgung in den Garderoben kannte und bei Vorstellungen, wie Aida, ein Heer von Zugehfrauen das warme Wasser in jeweils zwei Eimern vom Kesselhaus durch einen unterirdischen Gang zu den Garderoben der Darsteller transportieren musste. 

Aber Hansing brachte auch positive Berichte. So wies er unter der Überschrift, Der besonderen Beachtung auf der Theaterausstellung empfohlen auf die historische Abteilung der Berufsgruppe Technischer Bühnenvorstände, mit realisierten oder projektierten Modellen, mit Bühnenbildmodellen und mit Modellen zur Entwicklungsgeschichte des Theaters hin. 

Die 14. Bühnentechnische Tagung fand vom 7. bis 9. Juli in den Reichshallen und der Versuchsbühne der Deutschen Theaterausstellung statt. Die Leitung hatte A. Ludwig – Lübeck. Über 200 Teilnehmer konnten verzeichnet werden. Folgende Vorträge und Referate waren vorgesehen: Prof. Donath: Licht und Farbe“, Prof. Hauser: Optik an Beleuchtungsgeräten, M. Hasait: Moderne Bühnentechnik, Müller: Spektralbeleuchtung und deren Verwendung auf der Bühne. 

An die offiziellen Begrüßungsrituale schloss sich zunächst eine längere Debatte über die Prüfungsordnung für Technische Bühnenvorstände an. Außerdem diskutierte man ausgiebig über die bisherige und zukünftige Stellung/Tätigkeiten der einzelnen Prüfstellen. In Zusammenhang mit diesem Tagungsordnungspunkt standen verschiedene Mitteilungen in den Heften der BTR des Jahrganges 1927. Unter dem Titel: Die Prüfungsordnung lebt, gab der Beleuchtungsmeister Erich Tietz – Königsberg, einen ausführlichen Erfahrungsbericht als Mitglied der Königsberger Prüfungskommission mit kritischen Anmerkungen zu der inzwischen in Preußen gehandhabten Praxis. Eine andere Stellungnahme behandelte die Frage, Genügt die Prüfungsordnung? Sie bemängelte, dass die schönsten Runderlasse und Sicherheitsvorschriften nicht nützen würden, wenn die strikte Einhaltung nicht gewährleistet sei und sah in durch wirkliche Sachverständige durchgeführte Kontrollen einen Bundesgenossen für die Technischen Vorstände eines Theaters, besonders in deren Kampf um aus falscher Sparsamkeit der Verwaltungen oft unterlassene notwendige Sicherheitsmaßnahmen. 

Ein ebenfalls zu diesem Thema gehörender Bericht, Eine Härte der Prüfungsordnung, befaßte sich mit den Auseinandersetzungen zum § 11 derselben, indem es um Erleichterungen (z.B. Befreiungsscheine) der Prüfungszulassungen in bestimmten Fällen ging. 

Der Erfolg dieser Themenbehandlung bei der Magdeburger Tagung schlug sich in einem Runderlass des preußischen Innenministeriums nieder, welcher u. a. folgendermaßen lautete: 

Änderung der Prüfordnung für technische Bühnenvorstände. Runderlass des preußischen Ministers des Inneren vom 5.11.1927 11334/27: Die auf Grund des RdErl. vom 22.10.1925 (MBIiV. 5. 1128) über die Erteilung von Befreiungsscheinen gemäß § 10 der Prüfgrundsätze für die technischen Bühnenvorstände erlassenen Provinzial-Polizeiverordnungen sind dahin einzuschränken, daß Befreiungsscheine künftig nur für die Dauer der Beschäftigung an demjenigen Theater auszustellen sind, an dem der Antragsteller bisher tätig gewesen ist. Beim Übergang eines Bühnenvorstandes an ein anderes Theater verliert der Befreiungsschein seine Gültigkeit und es muß in diesem Falle der Befähigungsnachweis durch Ablegen der vorgeschriebenen Prüfung erbracht werden “

Damit sei dieser Tagungsordnungspunkt der Magdeburger Tagung abgeschlossen. 

Es schloss sich nun ein Referat des Rechtsanwaltes Dr. Aßmann über ein Arbeitsnotgesetz an, was dieses im Einzelnen für die technischen Bühnenvorstände bedeutete, war den vorhandenen Unterlagen nicht zu entnehmen.
Der bereits erwähnte Vortrag von Prof. Donath – Berlin gab unter anderem einen ausführlichen Überblick über die Anwendung von additiven und subtraktiven Farbmischungen, inklusive der bewußt erzielten oder unbewußt auftretenden farbigen Schatten. Quintessenz für die Teilnehmer war, dass der moderne Bühnentechniker alle Veranlassung habe, sich mehr als bisher mit dem Studium von Licht und Farbe zu beschäftigen. 

Als zweites Referat behandelte Prof. Dr. Hauser – Berlin die Optik an Bühnenbeleuchtungsapparaten. Er zeigte anhand von Lichtbildern die Strahlenbrechung und die verschiedenen Arten von Linsen sowie deren Verwendung bei den unterschiedlichsten Anforderungen an die Geräte. 

Daran schloss sich der ebenfalls bereits genannte Vortrag von M. Hasait an. Er erklärte dabei, dass der Zweck der Magdeburger Versuchsbühne der sei, zu zeigen, dass man auch mit einfachsten Mitteln und auf kleineren Bühnen gut Theater spielen könne. Vor allem erläuterte er den Zweck der Vorbühnenbeleuchtung und die übrigen technischen Einrichtungen der von ihm eingerichteten Versuchsbühne. Dieser Vortrag wurde von praktischen Vorführungen neuester Geräte begleitet. Schließlich sprach noch Ing. Müller – Krefeld über die Spektralbeleuchtung und deren Verwendung auf der Bühne. 

Die Tagung abschließend gab es dann noch verschiedene Besichtigungen historischer Anlagen, welche aber durch einen Dauerregen stark beeinträchtigt waren. 

Alles in allem betrachtet, war diese 14. Bühnentechnische Tagung in Magdeburg ein voller Erfolg der Berufsgruppenarbeit. Allerdings gab es auch eine Meldung, welche die Kehrseite der Medaille aufzeigte: Das Defizit der Magdeburger Theaterausstellung beträgt etwa 1 3/4 Millionen Mark. Davon werden allerdings 1.100.000 Mark auf das Konto Neubauten abgesetzt. Im Allgemeinen aber machte die Ausstrahlung der Magdeburger Veranstaltung weltweit Furore, weshalb sie wohl bis heute überall als das Ereignis des Jahres 1927 vermerkt ist.

Personalien 

Das übrige Geschehen der Berufsgruppe im Berichtsjahr beschränkte sich im Wesentlichen auf einige personelle Dinge. Am 21. Oktober war der Geheimrat Fritz Brandt im 80. Lebensjahr einem Herzschlag erlegen. Ihm wurde ein ausführliches ehrendes Gedenken in der BTR gewidmet. Mit ihm war einer der letzten “Altvorderen“, die in der Gründungsgeschichte des Verbandes eine wesentliche Rolle spielten, von der Bühne des Lebens abgetreten. 

Unter der Überschrift: Der Lebensweg eines 86-jährigen erfolgte Ende November eine ausführliche Würdigung des Altmeisters der Bühnenbeleuchtungstechnik Hugo Bähr – Dresden. Insbesondere seine Verdienste um die moderne Projektionstechnik wurden hervorgehoben. 

Otto Landsberg – Frankfurt a.M. stellte die ersten Versuche zu drahtlosen Opernübertragungen gemeinsam mit der Firma Siemens & Halske an. Ein Jahr später wurde ihm aufgrund dieses Erfolges die Leitung der Radioabteilung des Frankfurter Opernhauses übertragen.

Theatergeschichte

Im Laufe des Jahres stellte die Berliner Elektrizitätsversorgung AG. (BEWAG) ihre städtischen Stromverteilernetze von 2 x 110 Volt auf 2 x 220 Volt um, unter gleichzeitiger Beseitigung der bisherigen Gleichstromversorgung auf das Drehstromsystem 380/220 Volt. Die damit verbundenen Aufwendungen waren in der Zeit einer allgemein beginnenden Wirtschaftskrise eine zusätzliche Belastung der Theater. Eine Meldung über die Organisierung der Bühnenmaler besagte: Um einen engeren Zusammenschluss der Bühnenbildner innerhalb der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen zu bewirken, haben die in Berlin tätigen Bühnenbildner: Aravantinos, Klein, Krehan, Pirchan, Schütte, Stern und Suhr unter dem Vorsitz des Präsidiums der Genossenschaft eine Sitzung abgehalten, in der die Gründung einer eigenen Berufsgruppe der Bühnenbildner und Maler zur Debatte stand. 

Die VDE-Kommission (0108) für Errichtung und Betrieb elektrischer Anlagen in Versammlungsstätten legte einen neuen Entwurf für diese Vorschrift für Theater, Lichtspielhäuser, Kleinkunstbühnen, Zirkusgebäuden (und -zelten) und diesen gleichzustellenden Versammlungsräumen vor. Wenn auch die Berufsgruppe zu jener Zeit noch kein eigenes Mitglied in dieser VDE-Kommission besaß, gelang es ihr trotzdem deren Vorschriften im Sinne vernünftiger Gestaltung für die Theatertechnik zu beeinflussen. 

Das Theatergeschehen wurde fast vollständig von der bereits 1926 geplanten, dann aber auf 1927 verschobenen Deutschen Theaterausstellung in Magdeburg beherrscht. Dagegen gingen die übrigen Meldungen über Theaterneu – und/oder – umbauten weitgehendst unter. Um sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, seien sie deshalb an den Anfang des Abschnittes gestellt. 

Zunächst ging es um den 1926 begonnenen technischen Umbau der Berliner Staatsoper Unter den Linden, welcher sich in der Ausführung als schwieriger herausstellte, als man nach den Planungsunterlagen angenommen hatte. Wesentliche Ursache waren die Gründungsarbeiten des Betonfundamentes für das neue Bühnenhaus, welches an den vorhanden Altbau angeschlossen werden musste, der in ein großes Schlammbecken der Spreearme eingebettet war. Man plante eine Doppelstock-Versenkungsmaschinerie, welche eine fast doppelt so tiefe Gründung des Bühnenhauses als bisher bedingte. Das vorgesehene Betonfundament wurde als sogenannter Schwimmkörper ausgebildet, welcher dem Bühnenhaus in dem erwähnten Schlammbecken die nötige Stabilität und Festigkeit verleihen sollte. Aus Meldungen in zwei Heften, 3 und 6 der BTR, über die Kosten des Berliner Opernumbaues gingen die Schwierigkeiten deutlich hervor. Jedoch lief der Umbau 1927 programmgemäß ohne wesentliche Verzögerungen ab. 

In Heft 3 wurde unter der Überschrift: Theaterneubau in Essen berichtet: 

Wie aus Essen gemeldet wird, scheint die Stadtverwaltung nunmehr im Begriff zu sein, über den längst geplanten Neubau eines Opernhauses eine endgültige Entscheidung zu fällen. Der Bau soll 1932 seiner Bestimmung übergeben werden. 

Mit dieser Notiz begann für das Essener Kulturleben und das dortige Theaterwesen eine schier endlos währende Debatte über ein neues Operntheater, welche erst in den achtziger Jahren mit der Eröffnung des Aalto-Baues seinen endgültigen Schlusspunkt erhalten sollte. In Heft 4 der BTR gab es eine Notiz: “Der Umbau des Schauspielhauses, von dessen Genehmigung durch die Stadtverordneten die ganze Neuorganisation des Essener Theaterwesens abhing, ist von den Stadtverordneten jetzt, und zwar einstimmig, genehmigt worden.“ In Heft 5 berichtete eine Meldung dann stolz über den abgeschlossenen Umbau: 

Man kann fast von einem neuen Schauspielhaus sprechen, wenn man durch das umgebaute Theater wandert. Das Bühnenhaus hat zweifellos den größten Anteil an dem ganz neu erstellten Teil des Schauspielhauses. Diese Bühne wurde technisch so modern eingerichtet, wie es möglich war. Die Bühnenfläche ist 18 m tief und 21 m breit geworden und eine Drehbühne mit einem Durchmesser von 16 m wird nun alle schnellen Verwandlungsmöglichkeiten bieten. Ein Rundhorizont, eine Obermaschinerie mit 60 Prospektzügen, Beleuchtungsbrücken, 2 Scheinwerfer im Zuschauerraum sind die Mittel, um einen vollendeten äußeren Rahmen zu schaffen. Es findet sich kaum eine westdeutsche Schauspielbühne, die so mit allen modernsten technischen Einrichtungen ausgestattet wurde.

In Berlin übernahm Erwin Piscator als Leiter das Nollendorfplatz-Theater, um dort unabhängig seine lnszenierungsauffassungen moderner Aufführungen durchzusetzen, was sich insbesondere auf die Verwendung von Film- und Projektionseinblendungen bezog. Das Theater erhielt den Namen: Piscator-Bühne Berlin.
Gustav Hartung pachtete das Theater des Westens, um dort musikalische Lustspiele und Musicals durchzuführen. — Die sechs Reibaro-Bühnen erhielten als siebte das Berliner Theater in der Charlottenstraße angegliedert. — Die Direktion Tagger hat das Theater am Kurfürstendamm übernommen, um dort literarische Revuen aufzuführen.
Einige Vorhaben sind noch erwähnenswert: Für den Umbau des Neuen Theaters (Oper) in Leipzig wurde der Rat um eine neue Vorlage über die dringlichen Änderungen ersucht. 

Die Stadt Riesa in Sachsen plante ein neues Theater mit etwa 1.000 Sitzplätzen. Eine Experimentierbühne für neue Regieversuche soll von Max Reinhardt im Gebäude der Berliner Kammerspiele eingerichtet werden. 

Ein Werks-theater mit 800 Sitzplätzen erbauten die IG Farben AG auf ihrem Werksgelände in Wolfen/Bitterfeld.
Der Bau einer französischen komischen Oper für New York wurde geplant. Dieselbe solle 1.200 Sitzplätze erhalten und bereits Winter 1928 eröffnet werden.
Der Bau der neuen Metropolitain-Opera in New York entsteht in der 57. Straße zwischen 8. und 9. Avenue. Die Oper, soll 5.000 Zuschauern Platz bieten. Die Kosten werden hauptsächlich durch Anteilscheine für 32 Logen aufgebracht, die je Anteilschein 145.000 US$ kosten. 

Die Stadt Utrecht in den Niederlanden soll einen neuen Theaterbau erhalten. Das weltberühmte Royal-Convent-Garden-Theatre soll abgerissen werden, um für die notwendig gewordene Erweiterung des angrenzenden Marktplatzes, nach dem es seinen Namen führt, Raum zu schaffen. — Die griechische Regierung hat beschlossen, in Athen ein neues Nationaltheater zu gründen. Es soll ein neues Haus und eine neue Organisation geschaffen werden nach dem Muster der Comedie-Francaise. 

Das Umfeld

Nach Lenins Tod gerieten in der Sowjetunion die beiden führenden Marxisten Trotzki und Stalin immer mehr in ideologischen Widerspruch zu einander. Ersterer war überzeugt, dass die Sowjetmacht nur durch permanent anhaltende Revolution und letztlich durch eine Weltrevolution würde bestehen können. – Stalin dagegen vertrat die Theorie, dass die Bolschewisten nicht auf die übrige Welt schauen, sondern den reinen Sozialismus in Russland entwickeln sollten. 

Die durch das Kriegsende bedingten Reparationszahlungen Deutschlands an England und Frankreich versetzten diese in die Lage ihre erheblichen Kriegsschulden in den USA zu tilgen. Von den amerikanischen Banken flossen als einträgliches Zinsgeschäft enorme Kredite in die europäische Wirtschaft zurück, um deren Überleben zu ermöglichen. Allein in Deutschland erhielten der Staat und die Privatwirtschaft zwischen 1924 und 1930 Kredite im Gesamtwert von 2,6 Milliarden US$. 

Für das Jahr 1927 wurden laut amtlicher Statistik 8.144 Betriebe in Deutschland von Streiks und Arbeitsniederlegungen betroffen; das entsprach 295 Millionen verlorenen Arbeitstagen in der Wirtschaft; an den Streiks beteiligten sich 232.704 Personen. 270.513 Personen waren von den damit zusammenhängenden Aussperrungen betroffen. 

Der sich nach dem Krieg 1914-1918 entwickelnde zivile Luftverkehr, zunächst mit provisorisch umgebauten Kriegsflugzeugen betrieben, erlebte in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre sowohl für den Personen – als auch für den Frachttransport einen ungeheuren Aufschwung. In eben diese Zeit fielen auch verschiedene Rekordversuche von Flugpionieren. So wurde 1927 der erste Nonstop-Alleinflug in 33,5 Stunden über den Atlantik von West nach Ost durch Charles Lindbergh als besonderes Ereignis weltweit hervorgehoben. 

1927 beginnend und 1928 beendend, malte Otto Dix sein berühmt gewordenes Triptychon Großstadt. Mit dieser Arbeit wollte Dix den später als Die goldenen zwanziger Jahre bezeichneten Zeitabschnitt in seiner Verlogenheit bloßstellen. 

Weltruhm trug dem am 22. April 1916 als Sohn russischer Emigranten in New York geborenem Yehudi Menuhin ein Violinkonzert von L.v.Beethoven in der New Yorker Carnegie-Hall als Solist 1927 ein. Es war der Start einer Weltkarriere dieses im Jahr 1999 verstorbenen Musikers, der außer seinem Fach als Soloviolinist und Dirigent auch international großen politischen Einfluß ausübte. 


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