1932

Der Fachverband

Obgleich die allgemeine Wirtschaftslage sich gegenŸüber dem Vorjahr weiter verschlechtert hatte, bemühte sich die Berufsgruppenleitung, ihrer Arbeit einen positiven Anstrich zu verleihen. Dies war aus zwei Gründen wichtig. Einmal war der Ausfall der Bühnentechnischen Tagung 1931 auf herbe Kritik gestossen, zum anderen feierten der Wiesbadener Gründungsverband und die Bühnentechnische Rundschau ihr 25-jähriges Bestehen.

Zunächst erschien in Heft 1 der BTR ein Aufruf zur Tagung 1932. 

In Heft 2 erschien dann der offizielle Aufruf zur 18. BŸühnentechnischen Tagung vom 9. bis 11. Juli in München. Er lautete: 

Die diesjährige Zusammenkunft ist eine Jubiläumstagung. Vor 25 Jahren fand in Wiesbaden die erste Hauptversammlung des Verbandes Deutscher Bühneningenieure und Bühnentechniker‘ statt. Die augenblickliche Wirtschaftskrise gestattet es nicht, Feste zu feiern. Deshalb soll auch bei der diesjährigen Zusammenkunft unsere Hauptaufgabe darin bestehen, durch fachwissenschaftliche Vorträge und Besichtigungen das berufliche Wissen unserer Mitglieder zu erweitern.

Damit stand die Tagung und ihre vorgegebene Richtung fest. Sie fand unter der Leitung von A. Linnebach statt. Die Vorträge und Diskussionen hatten folgende Themen: Prof. Franz Rapp, Leiter des Münchener Theatermuseums: Anfänge der modernen Bühne, die Bedeutung der italienischen und deutschen Theaterarchitekten des 16. Und 17. Jahrhunderts; von Fr. Hansing: Was lehren uns die letzten Theaterbrände, von W. Unruh: Stellung und Aufgaben der Bühnentechniker im Gesamtbetrieb des Theaters und, als besonderes Thema, das 25-jährige Bestehen der Berufsgruppe.

Trotz der wirtschaftlich ungünstigen Lage hatten sich immerhin Ÿüber einhundert Teilnehmer, sogar aus dem Ausland, eingefunden. Im Anschluss an den Unruh – Vortrag sprach A Ludwig – Lübeck über das Thema: Neue Wege zur Ausbildung von Bühneningenieuren. Er führte unter anderem aus:

Angesichts der großen Anforderungen, die heute an einen Bühnentechniker gestellt werden, müsse auf das Schärfste protestiert werden, dass der Deutsche Ingenieurverein mit einem Rundschreiben zur Ausbildung von Bühneningenieuren mit einer nur dreimonatigen Volontärausbildung aufgefordert habe. Noch unverständlicher sei aber, dass der Deutsche Bühnenverein dies auch noch unterstützt, obwohl er weiß, daß die Ausbildungszeit laut Gesetzgeber mindestens ein Jahr dauern muss.

Nach eingehender Aussprache fand eine Entschließung einstimmige Annahme, die scharf gegen diese Art Ausbildung Stellung nahm. Dem Präsidium der GDBA wurde zum Schluss der Sitzung der Dank ausgesprochen, dass der Verwaltungsrat den Kollegen Pils als Vertreter der Minderheitsgruppen zu seinem Mitglied berufen habe.

Die Vorträge und Diskussionen der Tagung erfuhren durch Besichtigungen des Deutschen Museums und der technischen Anlagen der Münchener Staatstheater wertvolle Bereicherung. In der Staatsoper machte Professor Linnebach die Besucher mit den Ergebnissen des großen Umbaues bekannt, nach dessen bald zu erwartender Fertigstellung die Münchener Bühne als eine der technisch leistungsfähigsten gelten dürfte. Vor allem interessierten die elektrisch betriebenen Dekorationszüge (siehe Heft 3/1932 der BTR). Mit Dank an Professor Linnebach wurde die 18. Bühnentechnische Tagung abgeschlossen.

Der Schriftleiter der GDBA-Zeitschrift Der Neue Weg widmete der BTR ein Grußwort, in dem er unter anderem ausführte: 

Die Vielseitigkeit und Gründlichkeit, mit der die technischen Bühnenfragen in diesem Organ behandelt werden ist vorbildlich. Es ist sicher ein Zeichen guter Wirtschaft und solider Grundlage, wenn eine Fachzeitschrift in dieser schweren Zeit, in der alle geistigen Dinge durch die šökonomische Notlage beeinträchtigt werden, nicht nur sich erhält und bewährt, sondern auch ihr Niveau häŠlt und steigert. Der beste Wunsch, den man zu ihrem 25-jährigen Jubiläum der Bühnentechnischen Rundschau aussprechen kann ist der, dass sie bleiben möge, was sie bisher war: Die kluge Sammlerin und Beraterin für unsere technischen Kollegen beim Theater.

Auch Emil Pils; Mitglied des Verwaltungsrates der GDBA; brachte in seinen Glückwünschen zum Ausdruck, dass die BTR unsere Mitglieder immer mehr verbunden und durch sachliche Kritik, die auch den Kampf nicht scheute, unsere Ziele gefördert habe. Der Zusammenschluss der Bühnenbildner mit den Bühnentechnikern in ein und derselben Berufsgruppe sei auch ihr Verdienst. Heute gelte es mehr denn je, neue Wege zu suchen, um die Berufsgruppe der geeinten Bühnen-, Kostümbildner und Bühnentechniker in beruflicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu fördern.

Bei allen Jubiläumslobeshymnen gab es aber auch sehr handfeste reale Schwierigkeiten, welche F. Hansing als Schriftleiter dann auch in seinem Beitrag rückhaltlos bekannt machte. Es hieß zum Ende des Aufsatzes, dass sich der Schriftleiter am Anfang des Jahres 1932 die Frage vorlegen musste, ob die BTR in ihrem Jubiläumsjahr überhaupt lebensfähig sei. Dass es doch möglich wurde, die Zeitschrift weiter erscheinen zu lassen, verdanke man den treuen Abonnentenstamm und vor allen Dingen den Firmen, die trotz der Krisenzeit und der dadurch bedingten Abstriche an ihrem Werbeetat, die Bühnentechnische Rundschau durch Anzeigen stützten. Auf die Bitte an die ausländischen Bezieher aus 22 außerdeutschen Ländern, die Wünsche wegen des weiteren Ausbaues der Zeitschrift bekanntzugeben, gab es immer wieder die Antwort, die BTR doch wieder allmonatlich oder wenigstens zweimonatlich erscheinen zu lassen und die Bildbeilagen wieder einzuführen. Man hoffe letzteres für die Zukunft zusagen zu können, vielleicht auch ein sechsmaliges Erscheinen zum nächsten Jahr, wofür es aber notwendig sei, dass sich die wirtschaftliche Lage der Industrie bessere und die Mitarbeit von Seiten der Fachkollegen reger werde. Um das vorhergesagte zu untermauern, veröffentlichte Hansing in der gleichen Nummer einen Überblick Ÿüber die zahlreichen, aus verschiedenen Bezieherländern eingegangenen Zuschriften. Eines wurde dabei besonders deutlich: Die BTR war in jenen Jahren das einzige Fachblatt für Theatertechnik in der ganzen Welt und war beispielgebend für alle später in den verschiedenen LŠändern herausgekommenen Fachzeitschriften.

Auch in den vier Heften der BTR gab es wieder eine Anzahl wichtiger Artikel, zum Beispiel über ein Thema, welches eigentlich erst nach dem zweiten Weltkrieg erhöhte Bedeutung erlangte: Die Beleuchtungsregelung durch Stromtore oder Thyratrons. Diese Regelungsmethode wurde besonders in den USA weiter entwickelt, da im deutschsprachigen Bereich gerade erst die Bordoni– beziehungsweise Salani– Transformatorenregelung den Markt erobert hatte. Trotzdem bemühte sich die BTR Ÿüber das Prinzip dieser Methode aufzuklären und zwischen beiden Systemen sowohl technische als auch wirtschaftliche Vergleiche zu ziehen. So gab in Heft 1 Oberingenieur Jahn von den Siemens-Schuckert- Werken unter dem Titel: Lichtregelung durch Stromtore oder durch Regeltransformatoren System Bordoni? eine ausführliche Beschreibung beider Systeme zum Vergleich. Zum gleichen Thema gab es einen Vortrag von W. Unruh – Mannheim, Neuere Probleme der BŸühnenbeleuchtungstechnik. F. Hansing gedachte im Heft 2 in einem Aufsatz 50 Jahre elektrische Bühnenbeleuchtung der geschichtlichen Entwicklung und im gleichen Heft schrieb Lothar Arends Von den AnfŠängen des elektrischen Lichts auf der Bühne.

Unter dem Titel: Theatermeister und Cremonaplan, schrieb ein technischer Vorstand aus Nürnberg, daß er in den beiden Hilfsbüchern der Bühnentechnik Band I und II zwar ein lang ersehntes Hilfsmittel für technische Vorstände sehe, sich aber diejenigen Techniker, welche aufgrund ihrer Volks- oder Grundschulausbildung keinen Zugang zur Mathematik gehabt hätten, mit der Lektüre der Hilfsbücher sehr schwer täten: So las man zum ersten Male von einem Kräfteparallelogramm und könne sich nichts unter Masse eines Körpers vorstellen, auch habe man noch nie mit Formeln gerechnet und Formelresultate in der praktischen Arbeit verwertet. Die Schriftleitung der BTR hatte den gesamten Aufsatz in objektiver Weise zum Abdruck gebracht. Die Verfasser des Hilfsbuches der Bühnentechnik antworteten unter anderem, dass das Werk kein Lehrbuch für Leute sein könne, denen bestimmte Kenntnisse fehlen und dass für lernende ausführlichere Lehrbücher nicht zu entbehren seien. Das Holz, aus dem der Kritisierende seine Theatermeister schnitzen möchte, eigne sich bei den heutigen technischen Arbeitsbedingungen nur bis zum Vorarbeiter. Theatermeister müssten mehr als nur den Umbau organisieren können auch wenn es Šälteren in der Praxis Stehenden schwer fällt, das Kräfteparallelogram zu erfassen. Eine gewisse Vorbildung sei nun einmal ein unbedingt zu beachtender Faktor der Ausbildung.

Zum Schluss dieses Abschnittes sei noch auf eine Laudatio auf den Bühnenbildner Hein Heckroth hingewiesen. Seine Bühnenbilder hatten nichts mit Illusion im Sinne historischer oder gegenständlicher Realität zu tun. Sie suchten die Vision des Schauplatzes und führten den Zuschauer in die allgemeinen Hintergründe des Dramas, mochte es in Lebensbejahung oder Tod ausklingen. Wie die Dekoration, so betrachtete Heckroth auch das Kostüm als Bestandteil des inneren Lebens einer Aufführung.

Theatergeschichte

Es ist schwer zu verstehen, dass sich gerade in jenen Jahren so viele Theaterbrände ereigneten, wo doch seit Einführung der Elektrizität die Brandursachen eigentlich hätten weniger werden müssen, als zu Zeiten der Petroleum- oder Gasbeleuchtung. Ob die †Überalterung der Anlagen oder aus der Alltagsroutine geborene Unaufmerksamkeiten der Ausgangspunkt waren, war leider nicht immer festzustellen.

Das 130 Jahre alte Stadttheater in Zittau in Sachsen wurde im März fast vollständig ein Raub der Flammen. Das Feuer war vermutlich auf der Bühne oder einem Nebenraum ausgebrochen. Der Dachstuhl Ÿüber der Bühne brach in sich zusammen. Der vorschriftsmäßig geschlossene Eiserne Schutzvorhang konnte das Übergreifen des Feuers auf den Zuschauerraum zwar direkt verhindern, aber da die Brandmauern darüber nicht feuerbeständig waren, konnte sich das Feuer dort Ÿüber die Decke des Zuschauerraumes ausbreiten und kurz darauf standen die oberen Ränge ebenfalls in Flammen. Die ungeheure Hitze schmolz den Eisernen Vorhang, der dann als Glutball auf die Bühne stürzte. Stehengeblieben ist nur die Umrahmung der Bühnenöffnung, ein massiver großer Bogen als Teil der Brandmauer, der aus dem Trümmerfeld ragt. 

Im Februar wurde das Stadttheater in Stargard i. Pommern durch ein Feuer zerstört. Ein Teil des Dachstuhls, das Bühnenhaus und die darunter befindlichen Garderoben brannten aus. 

In einem der Bühne benachbarten Kostümmagazin im Opernhaus in Königsberg brach während einer Vorstellung am 24. März ein größeres Schadenfeuer aus, das durch die vereinigten Bemühungen der Feuerwehr und des technischen Personals niedergekämpft werden konnte. Das Königsberger Opernhaus hatte zwei Jahre vorher neue Feuerlöscheinrichtungen mit einer sogenannten Drucksteigerungsanlage erhalten. Diese setzte bei Ausbruch des Brandes automatisch Ÿüber eine elektrische Schaltung eine Pumpenanlage in Betrieb, wodurch im ganzen Theater der Wasserdruck der Feuerlöschleitungen so gesteigert wurde, dass das Feuer mit erheblicher Wasserenergie bekämpft werden konnte.

Im Dezember brach im Wormser Theater ein Feuer aus. Das Bühnenhaus wurde vollständig zerstört, der Dachstuhl stürzte ein. An diesem Tag hatte es keine Vorstellung gegeben. Den Brand hatten Einbrecher gelegt. 

Das 1. Heft der BTR folgende Meldungen: 

Im Palace-Theater am New Yorker Broadway brach während der Abendvorstellung am 17. Februar Feuer aus, das die Bühne zerstörte. Die 1.800 Zuschauer wurden von einer Panik ergriffen, aber Todesopfer waren glücklicherweise nicht zu beklagen.

Eines der Šältesten Theater von Kopenhagen, das Nšerebros-Theater ist einschließlich Bühnenhaus und Kulissenmagazin völlig niedergebrannt.

Eine andre Meldung wirft ein deutliches Licht auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die auch den Theatern durch die Zeitumstände beschert wurden. 

Das Leipziger Komödienhaus hat bis auf weiteres seine Pforten geschlossen. Die städtischen Werke haben der Bühne das Licht gesperrt, weil sie seit langem die fälligen Beträge nicht mehr bezahlen konnte. Schon seit Monaten existierte das Komödienhaus ohne Telefon, da auch die Post nicht länger auf ihr Geld warten wollte. Die Einnahmen der letzten Zeit waren fast Null. Die Schauspieler, welche das Theater als Arbeitsgemeinschaft führten, bekamen zuletzt kaum mehr als 1 – 3 Mk. in der Woche ausbezahlt!

Nach den Plänen von Architekt R. FrŠänkel – Berlin und unter der technischen Leitung von Dipl.-Ing. W. Unruh – Mannheim, Technischer Direktor des Nationaltheaters wurde das bekannte Schumanntheater in Frankfurt a. M., welches im Jahre 1909 eršöffnet worden war und 5.000 Personen fasst, völlig modernisiert und in einen Betrieb für Theater, Film, Varieté und Zirkus umgewandelt. Es wurde mit den neuesten technischen Anlagen, besonders auch auf akustischem Gebiet versehen.

In Heft 2 der BTR wurde unter der †Überschrift: Goethes Goetz auf dem Römer Ÿüber die von den städtischen Bühnen Frankfurt a.M. durchgeführten Ršömerbergfestspiele berichtet. Insbesondere Ÿüber die technischen Notwendigkeiten, ein solches Mammutspektakel Ÿüberhaupt sachgerecht durchführen zu können. Man liest von den Auftrittsanweisungen des Oberinspizienten und der zehn Inspizienten Ÿfür Solisten und Ÿüber 500 Statisten und Reiter. Außerdem ist zu erfahren, wie man damals – es gab ja noch keine drahtlosen Mikrofone – das Problem der Sprachübertragung der Darsteller zu den hunderten von Zuschauern auf dem šRömerberg gelöst hatte.

Im römischen Konzerthaus Augusteo gelangte ein von den Ingenieuren Ferucci und Murgi konstruierter Apparat zur Vorführung, der Orchester und Chor ersetzte. Bei der Aufführung von Rossinis Barbier von Sevilla standen nur die Solisten in der Szene. Die Einrichtung war einer Tonfilm-Apparatur nachempfunden.

Im Arenatheater in Kopenhagen hat man eine Kabarett-Vorstellung aus London zum ersten Male auf eine Großleinwand nach dem Verfahren der Bairds-Television-Company Ÿübertragen. Bisher waren derartige Fernsehübertragungen nur auf kleinen Mattscheiben möglich.

In den Filmateliers der Vereinigten Staaten führt sich zur Zeit eine hochwattige Glühlampe mit Wasserkühlung (im Glasdoppelmantel) immer stärker ein, da sie höchste Lichtausbeute mit großer Wirtschaftlichkeit verbindet.

Der 25-jährige Rückblick auf das erste Vierteljahrhundert des Fachverbandes konnte sich im Bezug auf die Arbeitsleistung durchaus sehen lassen. Man blickte mit positiver Erwartung in die Zukunft der Verbandsarbeit trotz aller Schwierigkeiten, die durch den politischen und wirtschaftlichen Hintergrund gegeben waren und denen man mit der eigenen Arbeit Rechnung tragen musste.

Das Umfeld

In der Sowjetunion entstanden in jenen Jahren neue Industriezentren, so unter anderen Magnitogorsk im Ural, Kusnezk in Sibirien und im fernen Osten Komsomolsk. Es gab genug technische Spezialisten und Ingenieure. Das war auf einen großzügigen Ausbau des Schul- und Hochschulwesens zurückzuführen. Das Analphabetentum war bis auf einen kleinen Rest verschwunden. Auch die Entwicklung im Gesundheitswesen war beachtenswert. Aber dieser ganze Prozeß war mit einer Verfälschung sozialistischer Prinzipien verbunden. Während unter Lenin noch jeder Funktionär nicht mehr als ein Arbeiter verdienen sollte, erhielten nun Parteiführer und Intelligenzler Spitzeneinkommen und Sondervergünstigungen. Die sowjetische Jugend wurde in nationalistischem Geiste erzogen, um als sogenannte Kaderschmiede parteiergebene Sowjetbürger zu formen.

In den USA wurde im November der Demokrat Franklin D. Roosevelt mit ŸüberwŠältigender Mehrheit zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Er bekämpfte die Wirtschaftskrise durch Schaffung von Arbeitsplätzen und nahm den Wohnungs-,Straßen und Brückenbau in Angriff. Der Kongress ermächtigte Roosevelt zu solchen Maßnahmen und immer wieder warb Roosevelt auf Kundgebungen und im Rundfunk um das Verständnis der Bevölkerung. Der Dollar wurde abgewertet, um den Export zu erleichtern. Erfolg: die Zahl der Arbeitslosen ging zurück.

In Lausanne trat nochmals eine Reparationskonferenz zusammen, in der Deutschland erklärte, dass es nicht länger in der Lage sei, zahlen zu können, aber auch nicht mehr bereit sei, weitere Zahlungen zu leisten. Man erließ daraufhin dem Deutschen Reich die Reparationsschuld bis auf einen Betrag von 3 Milliarden, der aber nie bezahlt wurde.

Die Arbeitslosenzahlen waren in Deutschland abermals gestiegen und betrugen zu Beginn des Jahres 5,95 Millionen und zum Ende des Jahres = 6,1 Millionen.

1932 war die Amtszeit Hindenburgs abgelaufen. Die republikfeindlichen Rechten stellten Hitler im zweiten Wahlgang als Kandidaten auf. Daraufhin einigten sich die demokratischen Parteien auf Hindenburg als das kleinere †Übel. Er erhielt rund 53,0% der gültigen Stimmen. Hitler erreichte 36,8%. FŸür die Kommunisten kandidierte Ernst Thälmann , auf den 10,2% der Stimmen fielen. Wenige Tage nach der Wahl ließ Reichskanzler, BrüŸning die SA und SS verbieten. Ostpreußische Großgrundbesitzer und besonders General Schleicher rieten Hindenburg, seinem Reichskanzler das Vertrauen zu entziehen. Daraufhin wurde Brüning am 30. Mai entlassen. Auf Vorschlag von Schleicher ernannte Hindenburg einen Gegner der Republik zum Reichskanzler: Franz von Papen. Der hob als erste Amtshandlung das SA- und SS- Verbot wieder auf. Dafür versprach Hitler, die Regierung Papen zu dulden. In einem Staatsstreich, dem sogenannten Preußenschlag beseitigte Papen im Juli die sozialdemokratische preußische Landesregierung und Ÿübernahm selbst das Amt eines Reichskommissars fŸür Preußen. Noch im gleichen Monat fanden Neuwahlen zum Reichstag statt. Das Untergraben der demokratischen Machtpositionen wurde erleichtert durch das Verhalten der KPD, die sich nicht scheute, im Preußischen Landtag und dem Berliner Verkehrsstreik von 1932 mit den Nationalsozialisten gemeinsame Sache zu machen. Josef Goebbels, Hitlers Propagandachef, startete einen Wahlkampf, wie ihn Deutschland bis dahin noch nicht erlebt hatte. Er benutzte alle damals modernen Medien. Hitler jagte im Flugzeug von Stadt zu Stadt und von Versammlung zu Versammlung. Im 1932 konstituierten 6. Reichstag der Weimarer Republik unter Kanzler Franz von Papen erhielten die Nationalsozialisten mit 37,4%=230 Sitzen und als nunmehr stärkste Fraktion die Berechtigung den ReichstagsprŠäsidenten zu stellen: Hermann Gšöring.

Bei den im November durchgeführten Wahlen zum 7. Reichstag verloren die Nationalsozialisten aber 34 Sitze, während die Kommunisten 11 Sitze dazu gewannen. Die Wahlkämpfe des Jahres waren vom Terror der Rechts- und Linksradikalen gekennzeichnet. Die Straßenschlachten waren an der Tagesordnung. Allein im Wahlmonat Juli gab es 99 Tote und 125 Verletzte. Als auch nach den Novemberwahlen 1932 die radikalen Parteien – NSDAP und KPD – die Mehrheit im Reichstag behielten, plante v. Papen, die Verfassung außer Kraft zu setzen und eine Zeitlang ohne Parlament zu regieren. Hindenburg lehnte dies ab, weil er einen möglichen Bürgerkrieg befürchtete, entließ v. Papen und bestellte Schleicher als Reichskanzler. Dieser hoffte den sozialistisch gesinnten Flügel von der NSDAP abspalten und mit Unterstützung der Gewerkschaften regieren zu können. Aber nun einigten sich v. Papen und Hitler hinter dem Rücken Schleichers auf die Bildung einer Koalitionsregierung aus konservativen Politikern, Deutschnationalen und Nationalsozialisten. – Das war die politische Konstellation in Deutschland zum Ende des Jahres 1932; das Wetterleuchten zum Untergang der Weimarer Republik hatte begonnen.

Auf dem Sektor der Polymer-Chemie, einem Gebiet, welches Du Pont für sehr aussichtsreich erachtete, erbrachte die Entwicklung von „Neopren“, „Nylon“ und „Orlon“ hohen Gewinn. Dem Engländer W. H. Carothers (1896-1937), Erfinder des synthetischen Kautschuks (Gummis), gelangen um die Jahreswende 1931/32 erste Versuche zur Erzeugung der „Nylon“-Kunststoff-Faser.

Einem anderen Engländer, James Chadwick gelang 1932 bei seinen physikalischen Forschungsarbeiten die Entdeckung des „Neutrons“ und die Bestimmung von dessen Masse.

Der Amerikaner russischer Abstammung, Zworykin, hatte sich bereits 1923 eine elektronische Kamera patentieren lassen, deren wesentlichster Bestandteil das Ikonoskop war. Dieses wurde von dem Deutschen Manfred von Ardenne in der technischen Leistung verbessert. Die Funktion dieser verbesserten Aufnahmeröšhre wurde 1932 von der Radio Corporation of Amerika (RCA) erstmals in einem vollelektronischen TV-System (Aufnahme – †Übertragung – Wiedergabe) demonstriert und praktisch im Betrieb eingesetzt. Damit war das Prinzip des „rein elektronisch arbeitenden Fernsehens“, der Television, technisch gelöšst.


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