1941

Der Fachverband

In der Bühnentechnischen Rundschau wurde langatmig Ÿüber das Problem des Bühnenbildes diskutiert, Ÿüber Zwillingstheater, Treppen- und Gerüstsysteme debattiert, von Theaterneu- und -umbauten oder elektrischer Steuerung von Projektionslaufwerken berichtet. Man fragte, ob Drehscheiben eine Bremse haben müssten, untersuchte die Tragfähigkeit von Theaterbohrern und -schrauben und beschrieb die bühnentechnische Einrichtung einer sogenannten Breitrahmenbühne. Linnebach schrieb Ÿüber Wanderbühnen im allgemeinen, und was dieser Art Berichte noch mehr waren. Das Theatergeschäft der Bühnentechnik spielte sich in erster Linie in den besetzten Gebieten ab und betraf die jungen Berufskollegen und diejenigen mittleren Alters. Die älteren Kollegen saßen in ihren Positionen im Altreich und hatten mit ihren šörtlichen Problemen ausreichend zu tun. Da sie weitgehend an ihre diversen Standorte gebunden waren, stand es mit dem Kontakt innerhalb des Vorstandes der Gesellschaft nicht zum Besten. So war wieder einmal der Fall eingetreten, dass ein Kreis Šälterer Berufskollegen ziemlich einsam und elitär Ÿüber die deutsche Bühnentechnik bestimmte und die Gefahr bestand, dass der Kontakt zur Basis vor Ort abzubrechen drohte. Linnebach versuchte zu retten, was zu retten war. Inwieweit ihm das wirklich gelang, ist nicht festzustellen, da detaillierte Unterlagen darüber fehlen. Noch einmal kam das Problem der Bühnentechnischen Tagung 1941 zur Sprache. In der BTR konnte man im Januar lesen: 

Das Jahr 1941 sieht uns, nach beispiellosen Erfolgen unserer Wehrmacht, im Anmarsch zum entscheidenden Schlag gegen unseren Hauptfeind. Die ganze Kraft unseres Volkes ist bereit zum letzten Einsatz gegen einen zähen und verbissenen Gegner. 

Wenn man sich vergegenwärtigt, dass der †Überfall auf die Sowjetunion erst im Juni erfolgte, vorstehende Zeilen aber bereits im Januar geschrieben wurden, muss man sich doch fragen, ob Linnebach Hellsehen konnte. Doch weiter im Text:

Solange der Feind nicht vollständig niedergerungen ist, dürfen wir nicht an Tagungen denken und müssen auch in diesem Jahr darauf verzichten. Das bedeutet aber nicht, dass die Arbeit unserer Vereinigung vollständig ruht. Im Gegenteil. Jetzt schon müssen wir an die Aufgaben denken, die uns nach dem Krieg gestellt werden. Die Theater der wiedergewonnenen Gebiete, die wir Ÿüberwiegend in einem verwahrlosten Zustand vorgefunden haben, sind alle auf deutsche Betriebsformen umzustellen. Die hier schon geleistete Arbeit wird nach dem Sieg um ein Vielfaches größer werden. Dort und im alten Reichsgebiet werden viele neue Theater erstehen. Neue Kräfte sind heranzubilden und Vorschläge für Arbeitsbedingungen, Betriebsordnungen usw. auszuarbeiten.

Im April gab Hasait, als Leiter der Dresdner Schulungskurse für Theater- und Beleuchtungsmeister, den im Mai in der Technischen Lehranstalt Dresden beginnenden neuen Kurs bekannt. Linnebach verwies auf einen Vorkursus zu den Dresdener Schulungskursen hin, der notwendig geworden war, weil die Vorbildung der einzelnen Teilnehmer sehr unterschiedlich war und deshalb zu Kursusbeginn ein gemeinsamer Nenner als Ausgangsbasis hergestellt werden musste.

Im Heft 3/August teilte die Reichstheaterkammer eine Zweite DurchfüŸhrungsverordnung zur Verordnung Ÿüber die Beschränkung des Arbeitsplatzwechsels. mit. Es wurde darin noch einmal darauf verwiesen, dass niemand eigenmächtig seinen Arbeitsplatz wechseln konnte, sondern, dass dies ausschließlich der Reichstheaterkammer vorbehalten war.

Im gleichen Heft gab es eine Bekanntmachung des Reichsministers des Inneren Ÿüber Prüfungszeugnisse und Befreiungsscheine für technische Bühnenvorstände. Der Erlass war notwendig geworden, weil von den Prüfstellen in Preußen, Sachsen und Bayern immer noch Befreiungsscheine nach altem Muster ausgestellt wurden. Da die †Übergangsfristen für derartige Fälle längst abgelaufen waren, wurde die Ausstellung der Befreiungsscheine ab sofort untersagt. Zu diesem Thema sah sich Linnebach im gleichen Heft gezwungen, unter Aufzählung aller einschlägigen Verordnungen seit 1937, auf dieses Problemfeld ausführlich hinzuweisen. Gleichzeitig wurden alle damals bestehenden 10 Prüfstellen im Altreich und Österreich aufgezählt.

Das im November erscheinende letzte Heft 4/1941 befasste sich nochmals mit Themen des Jahres. Einmal wieder zur Tagung, auf die auch in diesem Jahre verzichtet werden musste. Die durch den Feldzug im Osten verursachte verschärfte Kriegslage hätte es auch verboten, die anstelle der allgemeinen Tagung vorgesehene Zusammenkunft der Sachbearbeiter der DBG zur Durchführung zu bringen. Die Bühnentechnische Rundschau, für die monatliches Erscheinen in Aussicht genommen war, müsse zunächst in bisheriger Weise herausgegeben werden. Die Papiereinsparungsmaßnahmen bedingten dauernde Einschränkungen im Umfang des Textes, der Anzeigen und der Auflagenhöhe. Zwar hätte sich der Mitarbeiterkreis erfreulicher Weise erweitert, es sei aber notwendig, dass noch mehr als bisher zu allen Zeitfragen in Artikeln Stellung genommen werde. Zu den bereits bestehenden Ortsgruppen der DBG in größeren Städten sollten dort weitere hinzukommen, wo es noch nicht genügend Rückhalt gebe. Dies könne dadurch geschehen, dass sich zunächst an jedem Theater diejenigen Fachkameraden zusammenfinden, die bereit sind, die Belange der DBG zu fördern und sich eine Persönlichkeit finde, welche die Führung bez. Werbung Ÿübernimmt.

Unter dem Titel, Die DBG, die BTR und die Maskenbildner erschien in Heft 2 ein längerer Aufsatz des Cheffriseurs des Hessischen Landestheaters Darmstadt. Er beklagte sich darin, dass seit Gründung der DBG inzwischen Jahre vergangen seien und er immer wieder die neuen Nummern der BTR aufgeschlagen habe in Erwartung, etwas darin zu finden, was die Maskenbildner interessieren könnte, doch stets vergebens. Er rief seine Berufskameraden auf, sich der für unsere Zwecke geschaffenen DBG und BTR zu bedienen. Es wäre auch ratsam die Lieferanten dazu zu bewegen, in der BTR ihre Erzeugnisse anzupreisen, wie dies auch von Firmen des Beleuchtungswesens und der Textilbranche usw. geschähe. Er hoffe, dass dieser Aufruf die Leiter der Maskenabteilungen veranlasse, sich der DBG anzuschließen und die Berufsgruppe Maskenbildner sich künftig eifriger als bisher der BTR bediene. Dieser Aufruf war deshalb bedeutend, weil die DBG von Technikern gegründet, bisher sowohl diese Gruppe als auch die Kostümabteilungen mit all ihren Spezialkräften ziemlich unbeachtet außen vor gelassen hatte.

Eine personelle Notiz betraf den Tod von Adolf Weil, der 36 Jahre im Hessischen Landestheater Darmstadt als Beleuchtungsinspektor gewirkt hatte. Ihm, als bedeutenden Beleuchtungskünstler und Bühnenfachmann, verdankte dieses Haus zum großen Teil seinen besonderen Ruf als Stätte vorbildlicher Szenengestaltung. Die deutschen Bühnentechniker verloren in Weil einen Arbeitskollegen, der in unermüdlichem Schaffen, neue Wege in der Technik der Bühnenbeleuchtung gefunden hatte.

Unter der †Überschrift, Personalnachwuchs im technischen Bühnenbetrieb erschienen im letzten Heft der BTR des Berichtsjahres 1941 zwei Zuschriften zu dem Nachwuchsproblem beim speziell bühnentechnischen Nachwuchs. Die eine kam vom Technischen Leiter Josef Hermes, vom Stadttheater Beuthen 0/S, in der zweiten plädiert der Bühnenmeister Fritz Kunze von den Städtischen Bühnen Lübeck für im Betrieb des Theaters ausgebildete Facharbeiter aus verschiedenen Eingangsberufen. Diese Fachausbildung sei aber nur möglich, wenn der Beruf des Bühnenmaschinisten zu einem anerkannten Handwerk erhoben wird.

†Über mehrere Seiten in BTR Heften des Jahres wurde Ÿüber Aufbauarbeiten der Theater im Generalgouvernement berichtet. So Ÿüber die Theater in Krakau, Tschenstochau, Kielce, Radom, Lublin und Deutsch-Przemysl. Das Theater in Deutsch-Przemysl wurde im Februar eršöffnet und steht direkt am Grenzfluß San. In Radom wurde der Neubau eines kleinen Hauses durchgeführt. In den Theatern in Kielce und Tschenstochau waren die Umbauarbeiten noch im Gang. Auch in den besetzten Niederlanden wurde deutsches Theater in dort vorhandenen Gebäuden eingerichtet. Den Haag hatte die erste deutsche Bühne nach der Besetzung der Niederlande.

Das Umfeld

Im März begann in Nordafrika unter Rommels Führung die Offensive des deutschen Afrikakorps gegen die Engländer und Franzosen.

Im südöstlichen Bereich Europas schlossen sich Ungarn, Rumänien und Bulgarien durch Bündnisverträge der Achse an. Jugoslawien, das sich weigerte, und Griechenland, das sich gerade erfolgreich gegen einen italienischen Aggressionskrieg gewehrt hatte, wurden beide schließlich von deutschen Truppen in den Monaten April/Mai überrannt. Hitler und Mussolini konnten nun Südosteuropa nach eigenen Wünschen neu ordnen, indem sie einfach Jugoslawien auflösten.

Im Juni Ÿüberfiel Deutschland mit seinen Verbündeten die Sowjetunion. Das Deutsche Reich führte gegen die UdSSR einen Weltanschauungs- und Vernichtungskrieg . Hitler ordnete persönlich die Vernichtung der bolschewistischen Kommissare und der kommunistischen Intelligenz an. Im Dezember hatten die deutschen Truppen eine Reihe von Kesselschlachten gewonnen, Leningrad eingeschlossen, das Vorfeld von Moskau erreicht und die Ukraine besetzt. Hitler selbst Ÿübernahm den Oberbefehl der Wehrmacht. Es begann die Neuordnung des Großgermanisches Reiches, das die Großräume Europas und Afrikas beherrschen sollte. Für germanische Völker war ein Anschluß an dieses Reich vorgesehen. Die slawischen Völker Osteuropas galten als Untermenschen, bestimmt für Ausbeutung, Verdrängung und physischer Vernichtung. Sieben Millionen Menschen aus den besetzten Gebieten wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht.

Im Dezember Ÿüberfielen japanische Torpedoflugzeuge, noch vor der †Überreichung einer Kriegserklärung an die amerikanische Regierung, die amerikanische Pazifikflotte im Hafen von Pearl Harbor. Jetzt erklärten die USA und England den Japanern den Krieg. Vier Tage danach erfolgten die Kriegserklärungen Deutschlands und Italiens an die USA. Damit standen den Achsenmächten jetzt drei Viertel der gesamten Erdbevölkerung und, was noch wichtiger war, der Weltwirtschaftsreserven gegenŸüber.

Im Inland befahl Hitler eine Massentötung von nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken. Die Opfer wurden nicht nur nach Krankheitsmerkmalen, sondern auch nach Arbeitsleistung und Rasse ausgesucht. Bis August wurden 70.000 Menschen getötet. Vertreter beider christlicher Kirchen und rechtlich denkende Menschen erhoben Protest. Jedoch erst Ende 1941 wurde das Euthanasie-Programm offiziell angehalten. Trotzdem gingen in einigen Anstalten und KZ’s die der Euthanasie zuzurechnenden Vorgänge weiter.

Jetzt schien auch die Zeit für eine Endlösung der Judenfrage gekommen zu sein. Ab 1941 mussten alle Juden den handtellergroßen gelben Stern tragen. Der totalitäre Polizeistaat und die NS-Organisationen Ÿüberwachten alle und alles. Und doch gab es Frauen und Männer, die trotzdem Widerstand leisteten. Es gab kommunistische und christliche Gruppen im Untergrund. Auch Offiziere entschlossen sich zum Widerstand. Den Kern dieser national-konservativen Gruppe bildeten hohe Offiziere aber auch oppositionelle Männer, die durch eine gemeinsame christliche und soziale Weltanschauung verbunden waren.

Im Dezember wurde die Atomforschung in den Vereinigten Staaten im sogenannten Manhattan-Projekt unter militärischer Leitung organisiert. Schon schienen zwei Wege zur Atombombe möglich: einmal Ÿüber das spaltbare Uran-Isotop 235, zum anderen Ÿüber das spaltbare Plutonium U-239, das durch Neutronenbeschuss des nichtspaltbaren U-238 erbrütet wurde.

Auch die schon erwähnten Richtfunkstreckenversuche auf Dezimeterwelle wurden speziell in Deutschland für militärische Zwecke weiter vorangetrieben.

Der seit 1938 hergestellte Volkswagen wurde für militärische Zwecke zum sogenannten Kübelwagen oder Schwimmwagen umgebaut.

In Hinblick auf Technik und Organisation in der Luftfahrt hatte der Zweite Weltkrieg einen enormen Einfluß. Daraus ergaben sich die Vollendung und Endphase des Propellerflugzeuges und die Anfangsphase des Strahltriebfluzeuges.


BTR Ausgaben 1941

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Heft 02

Heft 03

Heft 04