1946

Auch in diesem Berichtsjahr gab es keine Verbandsarbeit außer, dass die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen (GDBA) mit der wiedererstanden Berufsgruppe Ausstattung, Technik und Verwaltung (ATuV), ehemaligen Verbandsmitgliedern einen beruflichen Neuanfang bot. 

Vom 3. bis 5. Februar fand in Ostberlin die erste zentrale Kulturtagung der vor der Vereinigung stehenden KPD + SPD zur späteren Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) auf Veranlassung der SMAD statt. Unmittelbar darauf, vom 9. bis 11. Februar wurde ebenfalls dort der Gründungskongress des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) mit seinen Einzelgewerkschaften für Ostberlin und die SBZ durchgeführt. Dabei entstand die Gewerkschaft 17 –Gewerkschaft für Kunst und Schrifttum, der die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger (GDBA) als selbständiger Verband angeschlossen und damit in den FDGB integriert wurde. Erich Otto, Vizepräsident der GDBA bis 1933, wurde vom Juni bis zum Dezember 1946 Mitglied der Kammer der Kunstschaffenden in der SBZ und leitete die GDBA im FDGB unter dem Titel Präsident, in der Hoffnung, dass die GDBA bald auf ganz Deutschland ausgedehnt werden könne. 

In den Westzonen, vor allem in der Britischen Zone, wurden die meisten der lokalen Neugründungen nach dem Organisationsschema der GDBA aus der Zeit vor 1933 vollzogen. In Bayern (bis 1948) und in Hessen (bis 1947) waren die Anhänger einer Einheitsgewerkschaft sowjetischen Typs in der Mehrzahl. 

Deshalb standen in der ersten Aufbauphase der GDBA im Westen, die Genossenschafter der Britischen Zone nicht nur den Mitgliedern der GDBA im FDGB, sondern auch den Kollegen in der Amerikanische Zone Hessens und Bayerns oppositionell gegenüber.
Da die westlichen Besatzungsmächte den Wiederaufbau der Genossenschaft in ihrer alten Form bevorzugten, förderten die Briten in ihrer Zone schon bald Gründungen auf Länderebene, erstens wegen der kaum behinderten Kommunikation, zweitens aufgrund des vorgesehenen Zonenverbandes und drittens wegen der Vielzahl der im britischen Machtbereich angesiedelten Bühnen. 

Im Juni begannen Hamburger Kollegen als erste, den Neuaufbau einer Berufsorganisation zu betreiben. Ihr Ziel war es, die gewerkschaftlich orientierten Theaterleute der Britischen Zone zu sammeln und sie eines Tages, nach Möglichkeit der wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten im 

neuen Deutschland, in die als sicher dann dort zu erwartende gesamtdeutsche Berufsvertretung in Berlin eingliedern zu können. Die Leitung der Hamburger Gruppe übernahmen der frühere Ortsobmann Fritz Wagner, der ehemalige Bezirksobmann von Nordwest, Paul Eilmar, und der bis 1933 amtierende Obmann der Hamburgischen Staatsoper, Ferdinand Christophory. Später kam noch der alte Verwaltungschef der GDBA vor 1933, Paul Biermann, der später wieder in Berlin tätig war, hinzu. Ihre Aktivitäten waren jedoch zunächst ausschließlich auf Hamburg beschränkt; Kontakte zu Aufbaugruppen an anderen Orten der britischen Zone blieben lose. 

Ab Anfang Juni gestattete das Gesetz des Alliierten Kontrollrates Nr. 31 und eine Erklärung der Britischen Manpower Division das Zusammengehen der GDBA-Ortsverbände auf Länderebene innerhalb der Britischen Zone, wobei die Art des gewerkschaftlichen Aufbaus zunächst noch nicht endgültig geklärt war. In Gesprächen am 30. September und 1. Oktober in Berlin sowie am 9. Oktober in Hamburg legten GDBA-Präsident Erich Otto und die amerikanischen, britischen und sowjetischen Theaterkontrolloffiziere fest, dass die GDBA als selbständiger Berufsverband mit einer unabhängigen Leitung ausgestattet werden und völlig autonom mit eigener Finanzhoheit wirtschaften solle. 

Als Landesverbände der Britischen Zone wurden Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen eingerichtet. Fritz Wagner, der Leiter der Hamburger Gruppe, konnte nach dem 3. Juni darangehen, die Berufskollegen an allen Bühnen der Britischen Zone regelmäßig zu informieren und gab ab gleichem Monat als vorläufiges Organ der GDBA die Zeitschrift Die Mitteilungen der Genossenschaft Deutscher Bühnen- angehörigen, Sitz Hamburg heraus, zunächst illegal, da eine entsprechende Lizenzerteilung noch nicht erfolgt war. 

Die Amerikaner, die den kommunistischen Einfluß befürchteten, bestanden ihrerseits auf dem isolierten Aufbau der Genossenschaft in den Ländern ihrer Zone. 

Die Französische Zone spielte beim Neuaufbau der GDBA bis 1948 keine erwähnenswerte Rolle. 

Zu einem ersten interzonalen Zusammentreffen einer Gewerkschaft auf gesamtdeutscher Ebene kam es mit der GDBA-Konferenz vom 31. Juli bis 2. August in Weimar, Anlass war deren 75-jähriges Bestehen. Da die Westmächte nur wenige Delegierte in die Sowjetische Besatzungszone reisen ließen, waren fast ausschließlich Mitglieder der GDBA im FDGB zugegen. 

Der Spitzenvertreter der bayerischen GDBA Falk Harnack, überwiegend dem Organisationsprinzip der SBZ zugeneigt, wurde in Weimar von den Amerikanern mit einem Redeverbot belegt. 

Erich Otto, der alte Vizepräsident, der in Berlin den Aufbau der GDBA im FDGB vorantrieb und bis Juni 1947 Vorsitzender der Gewerkschaft 17, Kunst und Schrifttum im FDGB war, wies auf dieser Konferenz nochmals darauf hin, dass der NV-Solo mit allen Anhängen laut Kontrollratsbeschluß weiterhin volle Rechtskraft besitze. Außerdem ergriffen in Weimar Sprecher der ohne Ausnahme vertretenen Militärregierungen das Wort, ebenso der eigens angereiste Präsident der amerikanischen Schauspielergewerkschaft. Wichtigster Tagesordnungspunkt dieser Veranstaltung war die Wahl Erich Ottos zum Genossenschaftspräsidenten für Gesamtdeutschland, und die Besetzung eines vorläufigen Verwaltungsrates. Dabei wurde abermals die Forderung laut, die GDBA als eigenständigen Berufsverband im FDGB zu konstituieren und die spartenmäßige Bindung von der Gewerkschaft 17 zu lockern. Das Thema Einheitsgewerkschaft führte aber zu keinem ausführlichen Disput, weil die Alliierten dies nicht wünschten. Das Treffen in Weimar blieb die einzige gesamtdeutsche Aktion der GDBA zwischen 1945 und 1989.

In Hessen und Bayern, der Amerikanischen Zone, hatten sich bis Sommer des Jahres ebenso wie in Berlin überwiegend Anhänger einer Einheitsgewerkschaft nach FDGB-Muster durchgesetzt, was die Theateroffiziere der Westmächte mit Skepsis beobachteten. Der Chef der amerikanischen Theaterkontrolle in Bayern, Walter Behr, mahnte denn auch im September anläßlich einer Delegiertentagung der bayerischen GDBA, die sich der Gewerkschaft der geistig und kulturell Schaffenden Bayerns angegliedert hatte, vom Aufbau einer Politischen Richtungsgewerkschaft Abstand zu nehmen. Auf derselben Veranstaltung versprach Behr den bayerischen GDBA-Mitgliedern, die noch ausschließlich auf Lokalverbandsebene arbeiteten, die baldige Errichtung von Landesverbänden, einem US-Zonenverband und sogar einer gesamtdeutschen Organisation. 

Überlegungen verschiedener namhafter Kollegen der Theatertechnik über eine dringend erforderliche Wiederbelebung der Deutschen Bühnentechnischen Gesellschaft (DBG) resultierten aus den vorgenannten Entwicklungen.
Aus dem allen ging eindeutig hervor, dass – genau wie seinerzeit nach dem ersten Weltkrieg – die GDBA als politisch wirksame, gewerkschaftlich orientierte Organisation mit den Hauptzielen soziale Absicherung und der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlagen ihrer Mitglieder, in erster Linie diese zu vertreten hatte und deshalb weniger als fachtechnisch orientierter Verband die speziellen Interessen der Bühnentechnik in Zukunft würde betreuen können. Zum anderen wurde aus diesen Auszügen des GDBA-Geschehens deutlich, dass es ungeahnte Schwierigkeiten bereitete, einen gesamtdeutschen Fachverband oder eine in allen Besatzungszonen, einschließlich Berlins, wirksame Bühnentechnische Gesellschaft neu zu gründen. Was war also unter diesen Voraussetzungen zu tun? Von allen Vorstandsmitgliedern, Arbeitsausschussvorsitzenden und sonstigen Funktionären der Vorkriegs-DBG waren infolge der Entnazifizierung und damit verbundener Wechsel in den verbliebenen Theatern, nur wenige dieser Kollegen noch unmittelbar beruflich aktiv. Zu den wenigen gehörte Walther Unruh in Hamburg, der aufgrund seines Wissens, seiner Erfahrungen und nicht zuletzt seiner in den Berufsjahren gewachsenen internationalen Verbindungen, dafür prädestiniert war. Er hatte am 7. September 1945 seinen Posten als Technischer Direktor der Hamburgischen Staatsoper aufgeben müssen und machte sich als freischaffender bühnentechnischer Berater mit einem eigenen Büro selbständig. Als Nachfolger in der Hamburger Staatsoper wurden die unter ihm gewachsenen Mitarbeiter Hahn u. Mencit bestellt. Unruh wollte sich in Zukunft ausschließlich der Bearbeitung von Sonderaufgaben auf dem Gebiet des Theaterwesens widmen. Vorzugsweise war dies die Sachberatung bei der Planung für den Wiederaufbau der Hamburgischen Staatsoper, die voranzutreiben seiner wichtigsten Sorge galt. Aber gerade diese Aufgabe wurde ihm seitens des Senats der Hansestadt streitig gemacht. Man teilte ihm mit, dass vorerst Bauarbeiten nicht beabsichtigt seien und er deshalb seinen Arbeitsraum in der Staatsoper, den er noch behalten hatte, umgehend räumen möge.  Unruh hatte in Bezug auf die Nazizeit eine unbelastete Vergangenheit und bereits im Mai 1945 von der englischen Besatzungsverwaltung eine weiße Armbinde und einen Ausweis erhalten, damit er von dem in den ersten Tagen nach der Besetzung ausgesprochenen Ausgehverbot verschont blieb und sich ungehindert um seine Arbeit in der Staatsoper kümmern konnte. Mit der von ihm bei der Hamburger Industrie- und Handelskammer am 6. September 1945 beantragten Eintragung in das Register der Handelskammer als Sachverständiger für Theaterwesen, Theaterbau und Theatertechnik begann für Unruh eine beispiellose theatertechnische Bau- und Beratertätigkeit. 

Vor diesem Hintergrund müssen die zukünftigen Bemühungen um die Wiedergeburt einer Deutschen Bühnentechnischen Gesellschaft (DBG) gesehen werden. Unruh war durchaus klar, daß ein gesamtdeutscher Fachverband nur in Anlehnung an eine bereits überzonal arbeitende andere Organisation Erfolg haben würde. In diesem Zusammenhang erinnerte er sich seiner bereits vor dem Krieg geknüpften Verbindungen zum Zwecke der theatertechnischen Normung beim Deutschen Normenausschuss (DNA) mit Sitz in Berlin, welche durch den Normenarbeitskreis der ehemaligen DBG vorangetrieben worden war.

Um später einen Überblick als Bezugsbasis für Neu-, Um- oder Wiederaufbauten geben zu können, werden im Berichtsjahr 1946 alle Theater aufgezählt, die inzwischen wieder neu erstanden oder in zerstörten und behelfsmäßig wieder eingerichteten Häusern ihren Betrieb aufgenommen haben.
Außer den Theatern, begann man auch die vor dem Krieg existierende TOBIS – Filmkunst mit ihren Ateliers am Flugplatz in Johannisthal bei Berlin wieder instand zu setzen und einer neuen Verwendung zuzuführen.
Am 7. August wurde die TOBIS von der sowjetischen Militäradministration aufgelöst und enteignet und ab 8. August in deren Studios die “DEFA – Atelierbetriebe“ etabliert, die zunächst die Synchronisationsarbeiten übernahmen und dann mit eigenen Filmproduktionen begannen, von denen bis 1948 die ersten noch gemeinsame Ost-/Westproduktionen waren.
Um hier einen annähernden Überblick zu geben, soll eine dem Deutschen Bühnenjahrbuch 1945/1948 entnommene Gesamtstatistik wiedergegeben werden, die zur Abrundung beiträgt. Es gab zum Zeitpunkt der Herausgabe dieses Bühnenjahrbuches insgesamt 419 Theater in den vier Besatzungszonen Deutschlands und Berlins. Davon waren 98 Theater vollständig zerstört, was sich unterschiedlich auf die jeweiligen Besatzungszonen und Berlin verteilte. Es bestanden nach diesen Angaben folgende Theater und Theaterunternehmen: 133 Gemeinnützige Staats-, Landes- und Stadttheater, davon spielten 84 Betriebe auf Behelfsbühnen in Sälen oder Kinos; 125 Privattheater mit gewerblicher Nutzung, davon 20 auf Behelfsbühnen in Sälen und Kinos; außerdem gab es noch 57 Bauerntheater, Wanderbühnen oder sonstige Gastspielunternehmen. 

Das bereits genannte ausgehungert nach Theater sein, trotz der mißlichen Lebensumstände in jenen Jahren, war wohl eine sehr starke treibende Kraft, diese Vielfalt zu erzeugen. 

Das Umfeld

In diesem Berichtsjahr begannen sich sehr bald die Zerfallserscheinungen der im Krieg gebildeten Anti-Hitler-Koalition zu zeigen. Das politisch nicht mehr existierende Deutschland in der Mitte Europas, von dem nun keine Gefahr mehr ausging, ließ die alten Gegensätze des Weltkapitalismus westlicher Prägung und des Weltkommunismus sowjetischer Begehrlichkeiten wieder verstärkt aufflammen. 

Die USA stoppten sogleich nach Kriegsende alle Lieferungen aus dem Leih- und Pachtgesetz. Sie sperrten sich gegen Demontagen von Industrieanlagen aus ihren Besatzungszonen, welche in die Sowjetunion fließen sollten und ließen als Antwort auf die wirtschaftliche Abtrennung der sowjetischen Besatzungszone seit Anfang des Jahres, ab Mai keine demontierten Maschinen mehr in die Sowjetunion abtransportieren. Man fürchtete in den USA, dass ohne die Anwesenheit ihrer Truppen in Europa, auch der noch nicht durch die Sowjets besetzte Teil dieses Kontinents unter sowjetische Vormacht geraten würde. 

Zweiter Faktor der zunehmenden westlichen Abneigung gegen die Sowjetunion, waren die Gründungen von “Volksdemokratien“ in Ost- und Südosteuropa.

Ein in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wichtiger politischer Vorgang war das Zusammenführen der Deutschen Kommunistischen und der Deutschen Sozialdemokratischen Partei auf Geheiß Moskaus am 21. und 22. April zur Sozialistischen Deutschen Einheitspartei Deutschlands (SED) in Berlin mit großem Propagandaaufwand. 

Das war ein weiterer Schritt zur damals noch nur geplanten Deutschen Demokratischen Republik (DDR) von der von Anfang an klar war, welche Aufgaben ihr von Seiten der Sowjets im Hinblick auf die Festigung der sowjetischen Weltinteressen real zu stellen waren. 

Es war also nicht verwunderlich, dass sich die westlichen Siegermächte neu orientieren mußten und auch wollten. Der amerikanische Gesandte in Moskau, Kennan, erklärte bereits 1945:

Die Idee, Deutschland gemeinsam mit den Russen regieren zu wollen, ist reiner Wahn. Ein ebensolcher Wahn ist es, zu glauben, die Russen und wir könnten uns eines schönen Tages höflich zurückziehen und aus dem dann entstehenden Vakuum werde ein gesundes und friedliches, stabiles und freundliches Deutschland steigen. Wir haben keine andere Wahl, als unseren Teil von Deutschland zu einer Form von Unabhängigkeit zu führen, die so befriedigend, so gesichert, so überlegen ist, dass der Osten sie nicht gefährden kann…

Ab diesem Berichtsjahr entstanden in der Britischen Zone die Länder: Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und die Stadtstaaten Hamburg und Bremen. In der Französischen Zone: (Süd-) Württemberg- Hohenzollern, Baden und Rheinland-Pfalz. Die Besatzungsmächte setzten in den von ihnen gebildeten Ländern deutsche Regierungen ein. Sie genehmigten die Gründung von unabhängigen Zeitungen und Rundfunkanstalten. Eine zentrale Regierung für ganz Deutschland war jedoch von der Potsdamer Konferenz bis auf weiteres abgelehnt worden. Erst im Laufe der Jahre 1946/47 fanden dann in den neu gebildeten westlichen Ländern Landtagswahlen statt. Die gewählten Parlamente gaben den Ländern demokratische Verfassungen. 

In den vier Zonen entstanden außerdem zentrale Behörden und dabei in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) ab 1946 eine besondere, sich von den Westzonen unterscheidende Entwicklung. Dies waren zunächst in der Sowjetischen Besatzungszone, danach in der britischen ein Zonenbeirat und in der amerikanischen ein Länderrat; lediglich die Franzosen ließen erst ab 1947 in ihrer Zone gemeinsame Sitzungen der drei Länderministerpräsidenten zu. 

Da die Landwirtschaft noch nicht der Vorkriegssituation entsprechend wieder hergerichtet werden konnte, machte sich weiterhin ein starker Mangel an Grundnahrungsmitteln bemerkbar, der sich auch auf die Verteilung der Lebensmittelkarten bezog. Besonders im sogenannten Hungerwinter 1946/47 sanken die Tagesrationen an Nahrungsmitteln in vielen Städten unter 1000 Kalorien pro Person. 

Auf dem Gebiet von Forschung und Wissenschaft ereigneten sich im Berichtsjahr keine beachtenswerten Fortschritte. Man war weltweit mit der Sichtung der aus Deutschland als Kriegsbeute herausgeholten Patente beschäftigt und versuchte diese Erkenntnisse der jeweiligen eigenen Wirtschaft zur Verwertung zu übermitteln. In Amerika setzte zum Beispiel eine rasante Aufholjagd auf dem Gebiet des Tonbandes ein, welches dort bis Kriegsende zwar auch in der Entwicklung war, aber noch nicht in dem Maße den Eingang in die heimische Wirtschaft gefunden hatte. 

Auch auf dem Computergebiet machte man in Amerika enorme Fortschritte in der Entwicklung immer leistungsfähigerer und kleinerer Einheiten, bei immer größer werdender Rechenleistung. Trotzdem gelang es noch nicht eine für den allgemeinen Markt geeignete Ausführung zu schaffen, die eine größere Verbreitung ermöglicht hätte. Hinzu kam, dass diese Computertechnik ja zunächst in aller erster Linie für die militärische Nutzung weiter entwickelt worden war und deshalb auch noch 1946 einer allgemeinen Geheimhaltung unterlag. 

Die als Nebenprodukt vorgenannter Entwicklungen bereits in Großbritannien mit Erfolg betriebene Umsetzung der elektronischen und elektrischen Steuerungen für die Bühnenbeleuchtung zeigte positive Erfolge und es kamen durch die Strand-Electric erste brauchbare Beleuchtungsregel- und -stelleinrichtungen zunächst auf den englischen Markt, aber sehr bald auch weltweit in den Handel. 

Parallel dazu entwickelte die französische Beleuchtungsfirma Clémancon mittels dieser Techniken die ersten “farbadditiv“ mischenden Regeleinrichtungen für die Bühnenbeleuchtung, welche einige Jahre später große Bedeutung für verschiedene andere Zwecke erreichten, zum Beispiel: Son et Lumière. 

Auch in den deutschen Spezialbeleuchtungsfirmen für den Theater- und Veranstaltungssektor begannen sich deren Inhaber wieder aktiv zurückzumelden. Obwohl die Betriebsanlagen zum Teil kriegsbeschädigt waren, versuchte man mit den noch verbliebenen ehemaligen Mitarbeitern die Betriebe bei Reiche & Vogel, W. Hagedorn und Deltschaft in Berlin, wie auch die Theaterabteilungen der Großfirmen AEG und SIEMENS wieder zu reaktivieren. Man führte vor allen Dingen in den Berliner Theatern, die am stärksten unter den Kriegseinwirkungen gelitten hatten, mit den vorhandenen spärlichen Materialien notwendige Reparaturen durch, um ihnen überhaupt wieder zur Spielfähigkeit zu verhelfen.
In diese Notzeit fällt die Entdeckung der Niedervoltlampe als Ersatz für die Scheinwerferbestückung. Besonders im norddeutschen Raum hatte man gute Beziehungen zur Schifffahrt und der dort stationierten Marine. Daraus resultierte die Kenntnis sogenannter Signalscheinwerfer, welche bei der Seefahrt zum Morsen usw. Verwendung fanden. Diese Geräte waren aus lichttechnischen Gründen mit parabolförmig ausgebildeten Spiegelreflektoren und zur Verstärkung der Lichtquelle mit verspiegelten Niedervoltlampen (12 oder 24 Volt) ausgerüstet. Sie ergaben einen eng gebündelten, aber sehr intensiv ausgeleuchteten Lichtkreis, womit große Entfernungen überbrückt werden konnten. Betrieben wurden diese Scheinwerfer über dazugehörige Transformatoren (220V / 110V zu 12V / 24V). Nachteil war der zu kleine Radius des Lichtkreises auf kurze Entfernungen und die Nichtverstellbarkeit der optischen Einrichtung = Lampe zu Spiegel; dafür sprachen eine große Robustheit der Geräte und lange Lebensdauer der Lampen, welche auch transportunempfindlich waren. Man setzte deshalb in den Theatern größere Mengen in Form von Lichtrampen, nebeneinander, gleichzeitig ein und hatte damit eine gut ausgeleuchtete Szene. Da unmittelbar nach Kriegsende die Marinebestände im Zuge der Abrüstung aufgelöst wurden, deckten sich vornehmlich die Beleuchtungskollegen an den Küstenstandorten mit solchen Niedervoltscheinwerfern ein und tauschten landesweit derartige Geräte gegen weiterhin benötigte Spezialglühlampen für andere Bühnenscheinwerfer. Das lief zunächst alles zu Schwarzmarktpreisen oder als anderweitige Tauschgeschäfte. Die Situation erkannte ein ehemaliger Berufskollege, der sich nach Kriegsende im hessischen Göttingen mit einer kleinen mechanischen Werkstatt selbständig gemacht hatte. Karl Hessenbruch hieß dieser Mann; er entwickelte aus diesen rein militärisch genutzten Niedervoltscheinwerfern, die für Theater ab da meist verwendeten Niedervoltscheinwerfer für Bühnenbeleuchtungszwecke, indem er die Lampe im Verhältnis zum Spiegel verstellbar einrichtete und damit eine, wenn auch nur geringe, Veränderung des Lichtkreisdurchmessers erreichte. Die von ihm so spezialisierten Scheinwerfer erreichten einen hohen Marktanteil und setzten sich als Bühnenbeleuchtungsgeräte sehr schnell auf dem Markt durch. Erst später griffen auch die alt eingesessenen Firmen der Bühnenbeleuchtung dieses Prinzip auf und fertigten derartige Scheinwerfer für 12 + 24 Volt, bei Leistungsstufen 250 Watt, 500 Watt und schließlich 1000 Watt. 

Auch die Reaktivierung alter Bogenlichtscheinwerfer und der dazu notwendigen Anlagenteile wie Ersatzkohlen, Gleich- oder Wechselstromversorgungseinrichtungen, Lastwiderstände, etc. erfolgte an verschiedenen Theatern, soweit derartige Einrichtungen noch betriebsfähig vorhanden waren. So wurden in Meiningen ab 1947 die dort noch komplett vorhanden gewesenen 16 Bähr‘schen Projektionsgeräte mit allem erforderlichen Zubehör aus dem Jahre 1909 wieder reaktiviert und in den laufenden Vorstellungen eingesetzt. 

Bei all diesen Unternehmungen entdeckte man neue Möglichkeiten und sammelte dabei wieder alte Erfahrungen, welche im Laufe der Zeit verloren gegangen schienen. So hatte die Nachkriegsnot den Vorteil einer Rückbesinnung auf traditionelle Bühnenbeleuchtungstechniken, mit denen die ‚Altvorderen‘ einst ihre damals bestaunten Leistungen erzielten.