Der Fachverband
Das Jahr 1949 erbrachte für die Verbandsarbeit eines theatertechnischen Fachverbandes keine wesentlichen Voraussetzungen, weil die politischen Verhältnisse es noch nicht zuließen. W. Unruh bemühte sich zwar nach den verschiedensten Seiten, hatte aber in der Sache selbst nur kleine Fortschritte zu verzeichnen, die aber den einzuschlagenden Weg erkennen ließen.
Einer dieser Schritte war die Wiedergründung der Bühnentechnischen Rundschau BTR. Wie das vor sich ging schilderte Kurt Kothe, Verlagsleiter im Klasing Verlage in Berlin unter anderem etwa folgendermaßen:
Wie man sich erinnern wird, gestalteten sich die ersten Nachkriegsjahre in Berlin ganz anders als im übrigen Bundesgebiet. Als Viersektorenstadt war Berlin von seinem natürlichen Hinterland abgetrennt und im Verkehr mit dem Westen auf einen Korridor beschränkt worden. Viele Firmen, auch die des Verlagswesens, hatten sich gezwungen gesehen, ihren Betrieb in den Westen zu verlagern. So musste man denn im Berliner Büro des Bielefelder Klasingverlages feststellen, dass bisher in Berlin beheimatete Fachzeitschriften jetzt mit abgewandeltem Titel im Westen erschienen und einen festen Abonnentenstamm hatten. Mit diesen zu konkurrieren, erschien bei der in Berlin zur Verfügung stehenden Finanz- und Wirtschaftslage, aussichtslos.
In diesem Sommer des Missvergnügens sprach eines Vormittags ein Herr Unruh im Verlag vor. Diplomingenieur, Walther mit Vornamen, liebenswürdig, sympathisch, sportlich schlank wie wir alle. Ob der Klasing Verlag nicht eine Fachzeitschrift herausbringen könnte, die sich mit seinem Fachgebiet beschäftige, der Theatertechnik.
Theatertechnik?
Jawohl und es sei sicher die einzige Zeitschrift in diesem Bereich und ganz ohne Konkurrenz, – war wir ohne weiteres glaubten. – Es hätte sie ja schon vor dem Krieg gegeben und einige Hefte hätte er mitgebracht. Die mitgebrachten Hefte entpuppten sich als kaum mehr, als ein dürftiges Verbandsmitteilungsblatt. Aber, und das war interessant, sie enthielten Anzeigen und sie sind, wenn man sie wieder bekommen könnte, nächst den zahlenden Abonnenten, schon die halbe Zeitschrift. Unruh entwickelte daraufhin seine Ideen: Die fast überall in Deutschland zerstörten Theater würden eines Tages wieder aufgebaut werden und anders, ganz anders entstehen, als sie es einmal gewesen waren, wobei ihre jeweilige technische Einrichtung eine weitaus größere Rolle spielen würde, als das früher der Fall war. Neue Theaterformen würden einen wichtigen Platz einnehmen, bewegliche, anpassungsfähige Formen, von denen man in Deutschland bisher kaum etwas wüßte. Für all dieses Neue müßte es aber selbstverständlich ein Informationsorgan geben, und das sei eben die geplante Fortsetzung der Bühnentechnischen Rundschau. Dieser müsse natürlich eine neue, modernere Form gegeben werden. Das finanzielle Rückgrat würden die Abonnements der Theatertechniker und ein sich langsam füllender Anzeigenteil, was zu hoffen war…
Diese Ausführungen Kothes bewiesen, die nicht zu bestreitende vorausschauende Begabung Unruh’s in seinem Fachgebiet. Was er damals gegenüber Kothe ausführte, ist durch die Entwicklung der ab da wieder erschienenen BTR bis zum heutigen Tag nicht nur eingetroffen, sondern bei weitem noch übertroffen worden.
Es mag heute vielleicht lächerlich erscheinen, welche Schwierigkeiten zu überwinden waren, bis im Dezember 1949 das erste Heft einer neuen Zeitschrift fertig gedruckt vorlag. Da gab es zum Beispiel die Britische Militärregierung, zuständig für den Verlag Klasing, weil das an-, aber nicht ausgebombte Berliner Büro des Verlages im britischen Sektor der Stadt gelegen war.
Ohne Lizenz gab es kein Verlagsrecht, ohne Lizenz kein Druckpapier. Verhältnismäßig schnell wurde die Lizenz erteilt. Man konnte also beginnen. Zunächst wandte sich Unruh an den Hamburger Bühnenbildner Karl Gröning wegen eines Umschlagbildes. Gröning hatte den genialen Einfall, das antike griechische Theater in Megalopolis als Vorwurf zu nehmen und schuf damit ein Umschlagbild, wie es inhaltsbezogen besser gar nicht sein konnte. Dieses schmückt die BTR wenn auch abgewandelt noch immer und ist in den Fachkreisen aller Länder der Erde bekannt.
Dem Schriftleiter gelang es, als Leitartikler für das erste Heft Monsieur André Boll (Paris) zu gewinnen. Wer heute eine der wenigen noch vorhandenen ersten Hefte vom Dezember 1949 in die Hand nimmt, ist erstaunt über die Fülle des Inhalts, noch mehr aber vielleicht darüber, wie genau Unruh sein Programm zu formulieren verstand:
Die Bühnentechnische Rundschau ist das seit 1907 bestehende einzige Fachblatt für alle Gebiete der Theatertechnik im weitesten Sinne. Wie früher bringt sie Fachaufsätze, Abbildungen um Nachrichten über den Bau, die technische Anlage und den Betrieb der Theater über Bildgestaltung, Kostüm- und Maskenwesen, über die wirtschaftliche Führung der Theater und die Theatergesetzgebung, ergänzt durch Mitteilungen der Berufsgruppe Ausstattung und Technik in der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen und durch die Mitteilungen des Fachnormenausschusses Theatertechnik im Deutschen Normenausschuss. Die neue Form, das neue Gesicht und der Inhalt der Zeitschrift spiegeln die Wandlung wieder, die das Theater erlebt: Ingenieur, Maler und Baumeister finden sich wieder zusammen zur Schaffung neuer Theatergebäude und zur Verwirklichung von Gesamtkunstwerken – im Bau und bei den Inszenierungen. Was sich aber früher in einem genialen Theater-Ingenieur vereinigte, schaffen heute verschiedene Berufsgruppen, für welche die neue BTR eine gemeinsame Basis der Anregungen und des Gedankenaustausches sein wird.
Es waren bereits 28 Firmen der theaterbeliefernden Industrie, die sich vom ersten Heft der BTR nach dem Krieg geschäftliche Erfolge versprachen und darin inserierten, in bescheidenem Umfang zwar, aber immerhin eine Art Pioniere auf unbekanntem Gebiet.
Mit dem Wiederbeginn der BTR war nun das Mittel der gegenseitigen Kommunikation unter den Berufskollegen, Ämtern und Behörden, usw. über die vorhandenen Grenzen hinweg geschaffen worden, und bereits das erste Vorabheft vom Dezember diesen Berichtsjahres brachte denn auch viele Informationen.
Nach dem Leitartikel folgte von Hermann Mendt- Hamburg ein ausführlicher Bericht über die vom 31. Juli bis 4. August in München stattgefundene 25. Bühnentechnische Tagung (BTT), deren Leitung Hanns Zimmermann – München und Alfred Sierke – Hamburg gemeinsam hatten.
Mendt schrieb unter anderem in seinem Bericht:
Es war zu einer Arbeitstagung aufgerufen, die in Verbindung mit einer Ausstellung erster fachtechnischer Ergebnisse der Wiedererrichtung deutscher Theaterbauten, bühnentechnischer Neuerungen und einer Leistungsschau der Maskenbildner den Fachkollegen Klärung drängender fachlicher Fragen und den notwendigen Überblick über den Stand ihrer beruflichen Bemühungen vermitteln sollte. Diese Tagung wurde ein voller Erfolg. Die Kollegenschaft bewies wieder einmal, dass sie in entscheidenden Augenblicken durch Hintansetzung persönlicher Ansprüche ihrem Berufe und dem deutschen Theater zu dienen versteht. Die Ergebnisse der Münchener Arbeitstagung erfüllten, was mit der Hamburger BTT 1947 begonnen worden war. Das Tagungsprogramm musste reichhaltig sein, weil zu den dringenden Fragen unseres Berufes Entschlüsse zu fassen waren, die Entscheidungen bringen sollten.
Eine Vorabtagung des Berufsgruppenrates, um die Sachbearbeiter des Tarifwesens, des Prüfungswesens und des Theaterbaus erweitert, leistete in umfangreichen Vorberatungen wertvolle Arbeit für den Tagungsablauf. An diesen Beratungen waren folgende Berufskollegen beteiligt: Eisenbarth, Skodik, Unruh, – Westberlin; Möltgen – Kassel; Zimmermann – München; Klute Hagen/Westf.; Mendt, Schefe, Sierke, Suhr, Zotzmann – Hamburg; der Syndikus der GDBA Dr. Boden – Köln; Präsident der GDBA Erich Otto und Präs. Heinrich Wüllner als Vertreter des Präsidiums der GDBA.
Aus dieser Namensaufzählung geht hervor, daß die Vorbereitung dieser zweiten BTT nach dem Krieg äußerst gewissenhaft betrieben wurde und das Arbeitspensum mit den Themen: Syndikate und ihre Auswirkungen, Tarifabkommen, Revision der Prüfungsordnung, Revision der Theaterbauordnung, Fachzeitschrift, Gewerkschaftliche Organisationsfragen, Fachnormenausschuss, Theatertechnik usw. alle Gebiete behandelte, welche im Zuge der Zeit vordringlich bearbeitet werden mussten und während der Tagung auch bearbeitet wurden. Ein wichtiger Teil des Berichtes führt die Berufskollegen auf, die neben Unruh als Initiator am Wiederaufbau einer theatertechnischen Facharbeit beteiligt waren und somit überhaupt erst die Voraussetzungen für die spätere DThG schufen. Aus dem Arbeitsbericht der Berufsgruppe sei nachfolgend ausgeführt:
Zu Mitgliedern des Gruppenrates der Berufsgruppe Ausstattung und Technik wurden gewählt: Hermann Möltgen – Kassel, Staatstheater; Alfred Sierke Hamburg, Staatsoper; Hanns Zimmermann – München, Städtische Bühnen – Kammerspiele; Edward Suhr – Hamburg, Schauspielhaus; Willi Ehle – Düsseldorf Städtische Bühnen, Schauspielhaus; dazu als Vertreter Westberlins: Leopold Skodik – Berlin, Hebbeltheater Waldemar Volkmer – Berlin, Städtische Oper im Theater des Westens. Als Stellvertreter der Berufsgruppenvorsitzenden Hermann Mendt- Hamburg, Staatsoper; Walter Gondolf – Düsseldorf, Städtische Bühnen; Friedrich In den Birken – Freiburg/Brsg.; Robert Stahl – Nürnberg, Städtische Bühnen; Georg Pfeiffer — Darmstadt, Landestheater als Stellvertreter für Westberlin: Otto Eisenbarth – Berlin Städtische Oper i. Theater d. Westens. Den Vorsitz des Gruppenrates und die Vertretung der Berufsgruppe im Verwaltungsrat der GDBA übernahm Hermann Möltgen – Kassel.
Außer dem Berufsgruppenrat wurden in München noch folgende Facharbeitsausschüsse gewählt: 1. Arbeitsausschuss für das Tarifwesen: Christian Schefe – Hamburg, Staatsoper; Gerhard Kempeneer – Hamburg, Staatsoper; Christian Schott – Hamburg, Schauspielhaus; Leopold Skodik – Berlin, Hebbeltheater Hermann Zollitsch – München.
2. Arbeitsausschuss für das Prüfungswesen Adolf Zotzmann – Hamburg, Schauspielhaus Willi Ehle – Düsseldorf, Städtische Bühnen; Willi Hercksen – Hamburg Thalia-Theater;
Theo Luft- Frankfurt am Main, Städtische Bühnen; Georg Pfeiffer- Darmstadt, Landestheater.
3. Arbeitsausschuss für Theaterwesen Prof. Adolf Linnebach Ostin/Tegernsee; Werner Benkert – Stuttgart; Friedrich Hansing – Stuttgart; Walther Unruh – Berlin CharlOttenburg; Hanns Zimmermann – München Adolf Zotzmann – Hamburg.
Mittlerweile war von der UNESCO das Internationale Theaterinstitut (ITI] gegründet worden und die Berufsgruppe Ausstattung und Technik in der GDBA hatte zur Münchener Tagung eine Einladung erhalten, für die Organisation zur Wiedererrichtung der internationalen Verbindungen der deutschen Theatertechnik einen deutschen Vertreter namhaft zu machen. Zu diesem Zweck wurde bei der Münchener Tagung Walther Unruh – Westberlin benannt.
Den vorstehend genannten Wahlgängen folgte die Bekanntgabe von vier Beschlüssen des Berufsgruppenrates, welche sich auf die Finanzierung der Berufsgruppenarbeit, die Vertretung der Berufsgruppe in den Aufsichtsorganen (Versicherung, Altersversorgung / Verwaltungsrat der Münchener Versorgungsanstalt, Tarifausschuss, Schiedsgerichte) und Vorschläge zu Ehrenmitgliedschaften befaßten. Gleichzeitig damit wurden zwölf Anträge einstimmig angenommen, die wegen ihrer grundlegenden Bedeutung für die weitere Arbeit der Berufsgruppe und späteren DThG an dieser Stelle erwähnt werden müssen. Sie befassten sich im Einzelnen mit folgenden Themen:
Antrag 1 von A. Sierke – Hamburg: Erweiterung und Umbenennung der Berufsgruppe Bühnenbildner / Technische Bühnenvorstände zur Berufsgruppe: Ausstattung und Technik in der GDBA.
Antrag 2 von W. Unruh – Berlin: Errichtung einer Berufskammer als Schlichtungskammer für interne Berufsstreitigkeiten.Antrag 3 von W. Unruh – Berlin: “sachgemäße Redigierung der Bühnenjahrbücher (um falsche Dienstangaben der bühnentechnischen Vorstände zu vermeiden).
Antrag 4 von H. Mencit – Hamburg: Anschluss der GDBA an den künftigen Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).Antrag 5 von H. Mendt- Hamburg: Einbeziehung der Bühnenhandwerker in die GDBA als Gesamtorganisation aller am Theater beschäftigten Mitarbeiter.
Antrag 6 von E Matho – Flensburg: Veranlassung der Theaterleitungen zur Beantwortung von Bewerbungen.
Antrag 7 von H. Mendt – Hamburg: Errichtung eine paritätischen Vermittungsstelle bei der GDBA für Bühnenbildner, Maskenbildner, und Technische V Bühnenvorstände.
Antrag 8 von der Hamburger Berufsgruppe: Wiederherausgabe der Bühnentechnischen Rundschau.
Antrag 9 von H. Mendt – Hamburg: Beschäftigung von Technischen Bühenvorständen ausschließlich nach der Maßgabe der rechtsverbindlichen Anordnung über die Prüfung Techn. Bühnenvorstände vom 25. Juni 1940.
Antrag 10 von H. Mendt – Hamburg: Wiedereinrichtung der Prüfstellen für technische Bühnenvorstände in Düsseldorf und Frankfurt am Main.
Antrag 11 von H. Birr – Lübeck: Steuernachlass im Pauschalsatz für Werbungskosten für Bühnenbildner und Technische Bühnenvorstände.Antrag 12 von der Berufsgruppe Hamburg: Durchführung von Landestagungen der Berufsgruppe im Anschluss an die Münchener Tagung für den Kollegenkreis, der nicht in München anwesend sein konnte.
Mit diesen Anträgen war das Arbeitsfeld für die unmittelbar nächste Zeit umrissen und die Linie der Bestrebungen für eine zukünftige Verbandsarbeit erfolgt. Als letzte Handlung der Münchener Tagung wurde noch die Bestimmung des nächsten Tagungsortes behandelt. Gewählt wurde für 1950 Westberlin, weil damit den Kollegen aus dem Osten die Möglichkeit eröffnet werden sollte, daran teilnehmen zu können.
Um weitere Aktivitäten in diesem Berichtsjahr nicht zu übersehen sei noch einmal auf das Dezemberheft 1949 der BTR zurückgegriffen.
Unruh hatte darin in zwei Aufsätzen seine Münchener Vorträge zur Reform der Theaterbauordnung und zum Fachnormenausschuss Theatertechnik in ausführlicher Darstellung mit Einzelheiten wiedergegeben. Beide Themen waren zu damaliger Zeit enorm wichtig, weil wegen der anstehenden Wiederaufbauten der zerstörten Theater unbedingt vorhanden gewesene Missstände beseitigt werden mussten, um die Theater nach ihrer Rekonstruktion vor allen Dingen wirtschaftlicher betreiben zu können. Dazu musste die Theaterbauordnung als Grundlage der Bauaufsicht unbedingt der inzwischen eingetretenen technologischen Entwicklung angepasst werden, um die in der Vergangenheit beanstandeten Mängel der Altbauten beseitigen und einen zügigeren Betriebsablauf erreichen zu können.
Über die Arbeit des 1947 gegründeten Fachnormenausschuss Theatertechnik im DNA schrieb Unruh, dass der Gedanke, Bauteile der Theatertechnik zu normen erst ziemlich spät, nämlich 1929 anläßlich einer BTT in Mannheim wegen des Themas Sparmaßnahmen im Theater durch Berufskreise erstmals erörtert worden sei. Damals wurde zwar ein Arbeitsausschuss für Normung durch die Berufsgruppe geschaffen (siehe Band 1 der Chronik), dessen Arbeit jedoch nicht vorankam. Es wurden seinerzeit lediglich bühnentechnische Begriffe festgelegt und von der beabsichtigten Normung blieb nur eine Verdeutschung von bisher im Fachgebiet üblichen Fremdwörtern übrig.
Erst nach 1945 mit dem Zwang des Wiederaufbaus der zerstörten Theater drängte sich auch die Frage der theatertechnischen Normung wieder in den Vordergrund. Es wurde der Fachnormenausschuss Theatertechnik gegründet, In dem BTR-Bericht gab Unruh ausführliche Einzelheiten über die in Angriff genommene Normarbeit und wer von den Berufskollegen daran beteiligt war.
Da der Wiederaufbau der Theater im Westen zögernder anlief als im Osten waren deswegen im Berichtsjahr noch wenig Meldungen über wieder in Betrieb gegangene Theateraufbauten zu verzeichnen. So erschienen denn auch derartige Nachrichten von Ostunternehmungen in westlichen Pressemedien. Die neue Bauwelt berichtete über den ausgeschriebenen Wettbewerb für den Ausbau der Berliner Volksbühne im Ostsektor der Stadt. In einer anderen Ausgabe derselben Zeitschrift wurde über elf eingereichte Entwürfe zum Wiederaufbau des Schillertheaters in Berlin-Charlottenburg berichtet. In einem weiteren Heft wurde der Entwurf von Architekt M. Wenner über die Errichtung eines neuen Zirkusgebäudes mit Bühnenanlage für den Zirkus BUSCH in Magdeburg beschrieben.
Ein Beitrag veröffentlichte Skizzen und Erläuterungen zum Neubau des Nationaltheaters in Ankara. A. Ludwig berichtete über ein Nottheater in Halberstadt.
Theater der Zeit, eine Zeitschrift die im Ostberliner Bruno Henschel & Sohn – Verlag erschien, berichtete über den Neubau des Weimarer Nationaltheaters, welches bereits 1948 im August wieder in Betrieb gegangen war.
Günther Hauswald berichtete in der gleichen Zeitschrift über den Neuaufbau des Schauspielhauses in Dresden.
Der Bühnenbildner Wilhelm Huller und der ehemalige Technische Direktor von Nürnberg Max Pikosz berichteten ausführlich in der Zeitschrift Dionysos eines Westberliner Verlages über den von ihnen entworfenen Flachrundhorizont für sogenannte Breitrahmenbühnen, der sich besonders gut für Projektionen eignen sollte. Der Architekt Wilhelm Riphahn berichtete in der Baurundschau, Zeitschrift für Bau- und Wohnungswesen, über ein Theater-, Konzert- und Kongresshaus am Volksgarten in Köln. Außerdem gab es in einer anderen Zeitschrift noch einen Bericht über ein neues Landestheater im Rahmen des Wiederaufbaues von Potsdam von K.F.Demmer.
Das Umfeld
Das Berichtsjahr 1949 setzte politisch mehrere Akzente, welche besonders für die westlichen Besatzungszonen und die Westsektoren von Berlin von Bedeutung waren. Noch während der Berliner Blockade durch die Sowjetunion berieten und beschlossen in Westdeutschland die Ministerpräsidenten der Länder die Einberufung eines parlamentarischen Rates zur Erstellung des Entwurfes eines Grundgesetzes für die westdeutschen Länder. Die 11 bestehenden Länderparlamente delegierten 65 Mitglieder in diesen Parlamentarischen Rat der sich am 1. August 1948 in Bonn versammelt hatte. Man wählte Konrad Adenauer zum Vorsitzenden und erarbeitete dieses Grundgesetz, welches bewußt nicht als Verfassung bezeichnet wurde. Dem so erarbeiteten Grundgesetz wurde, mit Ausnahme von Bayern, von allen Landtagen zugestimmt und es trat am 29. Mai 1949 mit seiner Verkündigung in Bonn in Kraft. Aufgrund dieses Gesetzes fand am 14. August die erste Wahl zu einem Deutschen Bundestag statt. Dieser wählte Konrad Adenauer zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, die damit als weitgehendst souveränes Staatsgebilde die westlichen Besatzungszonen ablöste. Die Regierung wurde aufgrund des Wahlergebnisses aus CDU/CSU, FDP und der konservativen Deutschen Partei (DP) gebildet, die SPD ging mit der KPD in die Opposition. Zum ersten Bundespräsidenten wurde Theodor Heuß gewählt.
Die Beendigung der Berliner Blockade und Entwicklung der beiden getrennten Staatsgebilde in Deutschland hatten natürlich auch eine grundlegende Änderung des Viermächtestatusses von Berlin als Ganzes zur Folge. Die 1948 eingeführten Währungsreformen in West- und später in Ostdeutschland, erfolgten aufgrund der Berliner Blockade in Berlin erst im März 1949 und zwar für die Westsektoren an die Westzonen angeschlossen und im Ostsektor an die SBZ. Im Ostsektor wurde jedoch nur Ostmark als Zahlungsmittel angenommen. Anders als in den westlichen Sektoren war den Geschäftsinhabern, sowie der Bevölkerung des Ostsektors die Annahme und der Besitz fremder Währungen, also insbesondere der Besitz von DM-West verboten. Trotz dieses offiziellen Trennung der Einflusssphären änderte sich im Prinzip zunächst nichts an der bestehenden Bewegungsfreiheit der Berliner Bürger innerhalb der vier Sektoren, vornehmlich im Westen der Stadt.
Ein großer Teil namhafter Künstler an den Ostberliner Theatern, wie zum Beispiel: Komische Oper, Staatsoper Unter den Linden, Volksbühne, Deutsches Theater, Theater am Schiffbauerdamm und andere, wohnten in Westberlin oder sogar in Westdeutschland. Sie erhielten 1/3 ihrer Gage in Ostwährung und 2/3 in Westwährung. Außerdem konnten sie in den Kantinen der jeweiligen Theater, die alle zur Versorgung der Ensembles staatliche Einkaufsläden besaßen, sich mit den Dingen des täglichen Bedarfs in Ostmark versorgen.
Bereits am 30. November 1948 hatte man im sowjetischen besetzten Teil von Berlin einen Gegenmagistrat eingesetzt.
Westberlin wurde nun vom Schöneberger Rathaus und Ostberlin vom sogenannten Roten Rathaus (wegen seiner Backsteinarchitektur) aus verwaltet.
In der SBZ wurde ein Deutscher Volksrat bestimmt, der eine Verfassung für die zu errichtende Deutsche Demokratische Republik (DDR) erarbeiten musste. Um der Sache nach außen hin einen demokratischen Anstrich zu verleihen, wurde im Mai 1949 in der SBZ und Ostberlin eine Wahl durchgeführt, bei der man aber nur über eine Einheitsliste der SED abstimmen konnte. Trotz aller Manipulation erhielt diese Einheitsliste aber nur 61% der Ja – Stimmen, in Ostberlin sogar nur 51%. Aus dieser Wahl ging ein neuer Volksrat hervor, der am 7. Oktober zusammentrat und die DDR proklamierte. Er selbst erklärte sich zur “Volkskammer“ der DDR im Sinne deren Verfassung.
Staatspräsident wurde Wilhelm Pieck, Ministerpräsident Otto Grotewohl. Die reale Macht wurde im Hintergrund von SED-Chef Walter Ulbricht und seinem Politbüro ausgeübt. – Damit war die endgültige Teilung Deutschlands besiegelt und wurde zur Grundlage aller weiteren politischen Ereignisse. Die zunächst angestrebte Wiedervereinigung Ost- und Westdeutschlands war damit ad acta gelegt.
Die britische und die französische Regierung hatten bereits nach Kriegsende ein Bündnis vereinbart, dem sich 1948 auch die Benelux-Staaten (Belgien, Niederlande, Luxemburg) angeschlossen hatten. Dieser Brüsseler Pakt sollte die Sicherheit der Mitgliedstaaten durch eine gemeinsame Verteidigungspolitk garantieren. Außerdem wollte man gleichzeitig auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet zusammenarbeiten. Die USA waren mit den westeuropäischen Staaten vor allem wirtschaftlich, durch den Marshallplan verbunden und drängten die Mitglieder des Brüsseler Paktes zu Bildung eines größeren Bündnisses, das den Nordatlantik umspannen sollte. So unterzeichneten am 4. April die Außenminister der USA, Kanadas, Großbritanniens, Frankreich, Italiens, Belgiens, der Niederlande, Luxemburgs, Norwegens, Dänemarks, lslands und Portugals den Vertrag zur Gründung der “North Atlantic Treaty Organization (NATO). Dieses Bündnis diente der gemeinsamen Verteidigung und schuf ein kollektives Sicherheitssystem, welches die früheren zweiseitigen Bündnisse ablöste.
Neu daran war, dass eine umfangreiche militärische Zusammenarbeit in Friedenszeiten beschlossen wurde: die Mitgliedstaaten unterstellten ihre Truppen einem gemeinsamen Oberbefehl, der zunächst dem US-General Eisenhower übertragen wurde. Damit war ein Bündnisblock entstanden mit einer eindeutigen Richtung gegen die Sowjetunion mit ihren Satellitenstaaten.
Ein andere wichtiges politisches Ereignis des vorliegenden Jahres war ein aus einer Forderung für eine neue föderative Ordnung des Nachkriegseuropa entstandener Europäischer Rat. Nach langwierigen Verhandlungen wurde in diesem Jahr der Europarat gegründet. Er umfaßte schließlich 18 Mitglieder und nahm seinen Sitz in Straßburg, wohin die Parlamente der Mitgliedstaaten Vertreter in eine Beratende Versammlung sandten. Die Diskussionen dieses Gremiums führten zu verschiedenen Vereinbarungen, von denen dann die 1953 in Kraft getretene Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte die wichtigste war.
Die Ostblockstaaten waren seit 1949 im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) zusammengeschlossen. An eine Zusammenarbeit mit der Organisation für die europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (siehe 1947) war nicht zu denken. Auf einen Vorschlag des französischen Außenministers Robert Schuman wurde ein Zusammenschluss der französischen und deutschen Kohle- und Stahlproduktion unter einer gemeinsamen obersten Behörde vorgeschlagen. Frankreich, die Bundesrepublik, Italien und die Benelux-Staaten schlossen daraufhin einen Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl = Montanunion, die schließlich 1952 in Kraft trat.
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Heft 01