1962

Der Fachverband

Das Berichtsjahr beginnt mit der 11. Vortragsreihe Theatertechnik in Essen. Themen waren: Bemerkenswerte Vorschläge in neueren Theaterbauwettbewerben, Das Problem des eisernen Vorhangs im Theater der Gegenwart und Zukunft. 

Am gleichen Tag fand die Mitgliederversammlung der DThG mit Neuwahl des Vorstandes statt. Er setzt sich wie folgt zusammen: 1 . Vorsitzender: Prof. Dipl.- Ing. Walther Unruh; 2. Vorsitzender: Oberingenieur in der Wiesbadener Maschinenfabrik Heinz Goepfert 3. Vorsitzender: Technischer Direktor Walter Huneke; Geschäftsführer: Wilhelm Huller; Kassenwart: Wilhelm Richter. – Zu Vorstandsbeiräten wurden gewählt: Dr. Carl Hammann, Dr. Gerhard Hensel, Oberingenieur Alfred Kolbe, Technischer Direktor Paul Kuhnert und Oberingenieur Werner Schott. Neben der ausführlichen Erörterung des Problems der Nachwuchsförderung und Schulung wurde die Abhaltung einer Bühnentechnischen Tagung 1962 beschlossen. Weiter gab es den Beschluss einer Erhöhung des Mitgliedsbeitrages der persönlichen Mitglieder auf 30,– DM pro Jahr, während die korporativen Mitglieder aufgefordert werden, ihre freiwilligen Beiträge im gleichen Prozentsatz (20%) zu erhöhen. 

In einer Voranzeige des ersten BTR-Heftes konnte man lesen: 

Die 33. Bühnentechnische Tagung (BTT) findet vom 29. Juli bis 1. August 1962 in Gelsenkirchen in Verbindung mit der Berufsgruppe Ausstattung, Technik und Verwaltung (AtuV) der GDBA statt. Während der erste Tag der Berufsgruppe zur Verfügung steht, werden die folgenden drei Tage von der DThG als eigentliche BTT veranstaltet. Die Tagung wird unter dem Grundthema stehen: “Die Anwendung der Technik im Bühnenbetrieb“. Mit der Tagung wird eine Leistungsschau der Fachfirmen und eine Ausstellung der Bühnenbildner des Ruhrgebietes verbunden sein. 

Im Zusammenhang mit vorstehender Meldung gab W. Unruh bekannt, dass er seinen Wohnsitz ab 1. April nach Wiesbaden verlegen werde, während sein Berliner Büro weiterhin in Berlin verbleibt und unter der Leitung von Dipl.-Ing. Thomas Münter steht. 

Im Anschluss an die Vortragsreihe fand eine Sitzung des FNTh statt, die aber in keinem der sechs BTR-Hefte des Berichtsjahres Erwähnung fand. 

Da mit dem Mauerbau 1961 die Tätigkeit des DNA ausschließlich auf die Bundesrepublik beschränkt wurde und keinerlei fachliche Verbindungen zum Osten mehr möglich waren, verlor Unruh sehr schnell das Interesse an den Details der Normenarbeit. Der Amtsnachfolger war jedoch bemüht die Wirkung und Ausstrahlung des FNTh zu stabilisieren und vergrößern. In diese Zeit fallen die ersten Fachkontakte zu Fernsehen und Film und deren Ausschüsse FAKI, FNL, FNF und photonorm. Auf diese Kontakte aufbauend, begann sehr bald ein reger Gedankenaustausch über gemeinschaftliche Normen für die Veranstaltungstechnik. 

In engem Zusammenhang damit standen auch zunehmend ausländische Kontakte, wobei die Zusammenarbeit insbesondere bei der Farbnormung eine Rolle spielte, da zum Beispiel wegen fehlender deutscher Produktionen von Farbfiltern, man bei der Farbnormung in Deutschland fast ausschließlich auf Glasfarbscheiben angewiesen war. Einer der Haupthelfer auf diesem Gebiet war der Oberingenieur der Französischen Beleuchtungsgesellschaft Clemencon, Monsieur George Leblanc. 

Am 13. Juni 1961 hatte im Théâtre de l‘Atelier in Paris eine Fachtagung der französischen Bühnenleute stattgefunden.
Im Laufe dieser Veranstaltung legte G. Leblanc die aktuellen Ziele der Beleuchtung dar, die neue Lichtquellen mit modernsten Regeltechniken verwenden. Sie beschränken sich nicht mehr auf den starren Rahmen der Bühne sondern greifen über diese hinaus auf theatralische Orte eines Kulturzentrums oder solche, die von Landschaften und Räumen gebildet werden können (Son et Lumiére). Er fasste die während der Konferenz diskutierten und gezeigten Dinge in einem Artikel Licht- und Farbregelung zusammen, der in Heft 3 der BTR veröffentlicht wurde. 

Man ersah aus diesen Veröffentlichungen, wie wichtig im Zuge einer umfassenden Veranstaltungstechnik die Zusammenarbeit aller Zweige der Theatertechnik auch im internationalen Rahmen wurde. 

Unter der Überschrift: Neues aus der Theaterpraxis wird die BTR in Zusammenarbeit mit dem Informationsausschuss der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft mit einer Artikelserie beginnen, die laufend über Neuigkeiten im technischen Theaterbetrieb berichtet. Beiträge, Anfragen, Diskussionszuschriften usw. bitten wir direkt an den Schriftführer des Informationsausschusses der DThG, Herrn Herbert Grohmann, Technischer Direktor, Staatstheater Wiesbaden, zu richten. 

Die erste Aufsatzreihe dieser neuen Einrichtung der BTR umfasste fast den gesamten Inhalt des Heftes 3. – In Heft 4 der BTR wurde sie mit einem Aufsatz über Eine auflegbare Drehscheibe im Selbstbau fortgesetzt. 

Das Heft 4 der BTR erschien zur 33. Bühnentechnischen Tagung in Gelsenkirchen vom 29. Juli bis 1. August 1962 als quasi Sonderheft in erweitertem Umfang und mit zusätzlichen Firmenanzeigen. Das Generalthema der BTT lautete: Die Technik im Theaterbetrieb und Themen wie: Festgefahrene Theaterbauvorschriften, Fehlender Fachnachwuchs, Auswirkungen neuer Technologien auf den laufenden Betrieb gewidmet. Zum Teil gab es hochbrisante Diskussionen um diese Themen, die aber wegen der Unbeweglichkeit der zuständigen deutschen Behörden und dem Desinteresse der Politik und trotz aller Bemühungen seitens der DThG nicht vorankommen. Man versuchte deswegen in Gelsenkirchen mehr Ausstrahlung der Tagung in die Öffentlichkeit zu erwirken, da die bisherigen Tagungen zu stark auf theaterinterne Technikkreise bezogen waren. Über die Tagung im Einzelnen zu berichten würde an dieser Stelle zu weit führen und kann jederzeit in den entsprechenden Heften der BTR nachgelesen werden. 

Die anläßlich der BTT durchgeführte Mitgliederversammlung der DThG war von 75 Mitgliedern und 22 Gästen besucht. Außer den üblichen Vereinspräliminarien gab es die ständigen Diskussionen über die Theaterbauordnung (DIN 18600), wobei seitens der DThG kleine Fortschritte zu vermelden sind. Für die Nachwuchsförderung fehlen nach wie vor die entsprechenden Mittel zur Einrichtung einer geregelten Ausbildung des Theatertechniknachwuchses. Das Theatertechnische Archiv an der TU Berlin soll in diesem Jahr zur Benutzung freigegeben werden. 

Im gleichen Heft der BTR wurde über den in Lissabon stattgefundenen II. Weltkongress für Brandschutz berichtet. Die Bundesrepublik Deutschland war in Lissabon offiziell durch 7 Mitglieder des Deutschen Feuerwehrvebandes vertreten. In der Arbeitsgruppe “Versammlungsstätten“, gab es ein grundlegendes Referat über die Brandgefahren und Schutzmaßnahmen in Bühnenhäusern. 

Soweit die Berichte im Zusammenhang mit der DThG-Arbeit für dieses Berichtsjahr. 

Personalien.

Im Juni verstarb in Wien Prof. Caspar Neher, der international bekannte Bühnenbildner, welcher in überragendem Maße der szenischen Gestaltung des modernen Theaters neue Wege gewiesen hat. 

Im Juli verunglückte bei einem Autounfall der Technische Direktor der Württembergischen Staatstheater Dr.Adolf Assmann tödlich. Er war ein Bühnentechniker aus der Schule Adolf Linnebachs, bei dem er in Dresden und München langjähriger Assistent und Mitarbeiter war. 

Im Dezember verstarb im Alter von 63 Jahren in Wien der in Theaterkreisen bestens bekannte und geschätzte Spezialist für Bühnenbeleuchtungsanlagen, Prof. Dipl. Ing. Julius Stenger. Seit 1945 wirkte er als Vortragender an der Meisterschule für Bühnenbildnerei der Akademie der bildenden Künste in Wien für die Pflichtfächer Bühnentechnik und Bühnenbeleuchtung. 

Im August feierte der Leiter der Gruppe Bühnenbeleuchtungsanlagen, Oberingenieur Alfred Kolbe im Stammhaus der Firma Siemens – Schuckert – Werke AG. in Erlangen seine 60. Geburtstag. Er ist in allen Theatern Deutschlands den Bühnentechnikern, und darüber hinaus an vielen großen Bühnen des Auslands, wohlbekannt und infolge seiner großen Fachkenntnisse und stetigen Bereitschaft geachtet und geschätzt. 

Die Theaterwerkstätten W. Hammann GmbH & Co., Düsseldorf, konnten im Mai auf ein 75jähriges Bestehen zurückblicken. Die Firma war im Jahre 1887 von Wilhelm Hammann in Düren gegründet worden. 1896 wurde der Firmensitz nach Düsseldorf verlegt. Nach dem Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg und dem Wachsen der kulturellen Ansprüche der Bevölkerung erwarb sich die Firma besondere Verdienste, vor allem durch den planmäßigen Wiederaufbau von Kulturbauten, Stadt-‚ Fest-‚ und Mehrzweckhallen, Kurtheatern und Schulbühnen, die ihren Niederschlag in einem Merkblatt über die “theatertechnischen Anforderungen an Bühnenanlagen in ländlichen Festhallen, Stadthallen und ähnlichen Kultursälen“ fanden, welche die DThG vor einigen Jahren herausgab. 

Ein weiterer Bühnenbildner, Friedrich Prätorius, starb im Alter von 59 Jahren im Juli in Berlin. Auch er, der seine Ausbildung als Graphiker und Maler an der Dresdner Akademie erhielt, hat ab 1938 über viele Jahre in Berlin an den verschiedensten Theatern gewirkt und an der Seite von bedeutenden Regisseuren wichtige Maßstäbe in der Bühnenbildgestaltung gesetzt. 

Im Mai feierte der Bühnenbildner Karl Gröning am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg seinen 65.Geburtstag. Er ist hier deshalb erwähnenswert, weil er 1949 die Titelgrafik der wieder erstandenen Bühnentechnischen Rundschau für deren Initiator, Prof. Walther Unruh, geschaffen hat, die bis heute jede Ausgabe der BTR schmückt. 

In Zusammenhang mit dem FNTh gibt es ein weiteres Jubiläum zu vermelden. Der langjährige Geschäftsführer, Herr Oberingenieur Wilhelm Gampe, konnte im November sein 40-jähriges Dienstjubiläum beim DNA begehen. Obwohl für ihn das Gebiet der Theatertechnik anfangs völlig fremd war, arbeitete er sich sehr schnell in die Materie ein und ist den Arbeitsausschüssen und deren Mitarbeitern in allen entstehenden Fragen und Sachproblemen stets ein zuverlässiger Ansprechpartner. 

Theatergeschichte

An Theater Neu- beziehungsweise Umbauten oder Ergänzungen gab es in diesem Berichtsjahr folgendes: In Heft 1 der BTR den Bericht über “Das neue belgische Nationaltheater in Brüssel“. Um eine ausführliche Besichtigung der Anlagen ermöglichen zu können, wurde anlässlich der BTT in Gelsenkirchen ein Busausflug nach Brüssel für die sich interessierenden Kollegen eingerichtet. Die anhand des BTR-Aufsatzes gestellten Fragen der Kollegen vor Ort wurden ausführlich beantwortet und diskutiert. 

Dipl.-Ing. Thomas Münter hatte bei der Essener Vortragsreihe unter dem Titel: Bemerkenswerte Vorschläge in neueren Theaterbauwettbewerben einen Vortrag gehalten, der in Heft 2 der BTR veröffentlicht wurde. Anhand von Abbildungen und Zeichnungen wurde das Thema ausführlich behandelt. 

Im gleichen Heft erschien auch der von Paul Kuhnert in Essen gehaltene Vortrag über Das Problem des Eisernen Vorhanges im Theater der Gegenwart und der Zukunft, in dem er die Schwierigkeiten bei modernen Inszenierungen in den bestehenden (axialen) Theatergebäuden beschrieb und Vorschläge zur Gestaltung dieses Problems bei Theaterneubauten darstellte. 

Das Heft 3 der BTR berichtete über den nunmehr drei Jahre in Betrieb befindlichen Gelsenkirchner Theaterneubau. Anhand von Ausstattungsbeispielen der letzten drei Jahre wurde die Nutzung der Bühnentechnik und Bühnenbeleuchtung ausführlich beschrieben. 

In Heft 6 der BTR berichtete der Technische Direktor Prof. Sepp Nordegg, Wien, unter der Überschrift: Die bühnentechnischen Anlagen im Theater an der Wien über die dort neu erstellten technischen Anlagen des historischen Theaterbaus.
Das Theater an der Wien wurde 1801 eröffnet. 1939 wurde es aus baupolizeilichen Gründen gesperrt und diente 1945 – 1955 als Heim der Wiener Staatsoper nach deren Zerstörung im Kriege bis zu deren Wiederaufbau. Nach weitgehendster Restaurierung 1962 wurde das Haus im Rahmen der Wiener Festwochen wieder eröffnet. Das alte neue Haus wird in Zukunft teils durch die Wiener Staatstheater, teils durch gastierende Ensembles bespielt werden. 

Damit wäre das Wichtigste dieses Berichtsjahres erfasst. Der Vorsitzende der DThG konzentrierte sich dabei hauptsächlich auf die internationale Arbeit. Trotzdem waren die Vorsitzenden der diversen Arbeitsausschüsse bemüht, die anstehenden Arbeiten, wie Ausbildung, Beratung, Einflussnahme auf die bevorstehende Theaterbauordnung zu nehmen zu bewältigen. 


BTR Ausgaben 1962

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