1973

Der Fachverband

Das Berichtsjahr begann mit einem ausführlichen Bericht über die Anfang November 1972 in Prag stattgefundene Arbeitssitzung der Szenographenkommission der OISTT. Als offizielle Vertreter der BRD nahm neben Himstedt – Alexander noch der Kollege Christof Heyduck aus Münster teil. Als Gäste auf eigene Kosten waren an den Sitzungen außerdem noch die Kollegen Walter Perdacher, Nürnberg und Hainer Hill, Dortmund, beteiligt. 

Der erste Tag behandelte das Thema: Die rechtliche Stellung der Arbeit des Bühnenbildners am Theater. Dabei wurden auch die Probleme des Urheberrechtes, der Altersversorgung und der sozialen Beihilfen angesprochen. 

Der zweite Tag wurde mit einem Referat des Prof. Livio Ciulei (Rumänien) mit einem Überblick über die internationale Szenographie eingeleitet. Das zweite Referat hielt Christof Heyduck, ausgehend von der Zeit nach 1945 in Deutschland, als man versuchte den Nationalsozialismus zu überwinden und Anschluss an die künstlerische Entwicklung in der Welt zu suchen. Über die Szenographie der CSSR berichtete Miloš Tomek. 

Prof. Dr. Mostafa (VAR) machte in seinem Referat klar, wie schwer die Aufgabe eines Bühnenbildners in einem Land sei, ohne eine in Jahrhunderten gewachsene Theatertradition.
Prof. Zenobiusz Strzelecki (Polen) zeigte die Schwierigkeiten auf, denen sich die Szenographen seines Landes gegenüber sehen und die noch immer auf Kriegs- und Nachkriegseinflüsse zurückzuführen sind. 

Otto Kähler (DDR) stellte die Rolle des Theaters in der Gesellschaft in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. In der DDR habe sich eine junge Generation von Bühnenbildnern konsolidiert, In Berlin, Dresden und Leipzig erhalten die angehenden Bühnenbildner ihre Ausbildung. Fernziel der Ausbildung für alle Theaterbeschäftigten solle später eine Theaterakademie sein. 

Eldon Elder (USA) wies auf die Freizügigkeit in der Bühnenbildkunst seines Landes hin. Die Szenographie sei variabel und von keinen Traditionen belastet. Interessant war der Hinweis, dass sich die Berufsbezeichnung Szenograph in den USA immer mehr und mehr durchsetze. 

Patrik Robertson (England) propagierte ein Theater der Interpretation von Zuschauerraum und Bühne, von variablen Raumbühnen, von Theatern ohne Rangbrüstungen, sondern offenen Balustraden, die dem Besucher die Möglichkeit geben, auf das Geschehen hinabzusehen und auch selbst gesehen zu werden, 

Nach Abschluss der einzelnen Referate wurde die Prager Quadrienale 1975 diskutiert. 

Dieser Bericht über die Arbeit der OISTT gibt auch in kürzerer Zusammenfassung der verschiedenen Länderberichte eine Übersicht über bestehende Unterschiede und Arbeitsvoraussetzungen, bedingt durch die jeweils bestehenden oder nicht vorhandenen Traditionen des Theaters in den jeweiligen Ländern, und fördert das gegenseitige Verständnis, eine wesentliche Voraussetzung für internationale Zusammenarbeit. 

Im gleichen Heft wird über die Arbeitssitzung der Architekturkommission der OISTT in Dresden im Oktober 1972 berichtet, an der Gäste aus Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Demokratischen Republik (als Gastgeber), den Niederlanden, Österreich, Polen, Rumänien, Schweden der UdSSR, Ungarn und den USA teilnahmen. Schließlich gab es noch einen Bericht über die gleichzeitig stattgefundene Arbeitssitzung der Ausbildungskommission der OISTT, an der Gäste aus der Bundesrepublik Deutschland, der CSSR der Deutschen Demokratischen Republik, Frankreich, Österreich, Rumänien, Ungarn und den USA teilnahmen. Von neun Ländern lagen detaillierte Berichte über deren Ausbildungssysteme vor. Einige haben bereits untereinander Kontakt aufgenommen und Erfahrungen, Methoden und Lehrmaterial ausgetauscht. 

In vorstehendem Zusammenhang muss auch der Artikel Bildungsurlaub am Theater im Heft 1 der BTR zitiert werden, der darauf hinweist, dass in den vergangenen Jahren auf allen Gebieten, die mit der beruflichen Umschulung, der Weiterbildung und mit all den Möglichkeiten zu tun haben, die unter der Bezeichnung Zweiter Bildungsweg bekannt sind, sehr viel geschehen und sehr viel in Bewegung geraten ist. Interessant ist vor allem die große Palette des Angebots, sei es in der innerbetrieblichen Weiterbildung, sei es in Volkshoch-, Fach- oder Gewerkschaftsschulen. Spezifisch für das Theater aber, sei dieses Angebot noch sehr eng. Ein Vergleich mit der DDR zeigt, dass dort allein in der zweiten Jahreshälfte 1972 Lehrgänge zu den Themen Thyristortechnik, Arbeits-, Gesundheits- und Brandschutz, Bühnentechnisches Fachzeichnen, Elektroakustik, Umgang mit Waffen und pyrotechnischem Material und schließlich Auslegung diverser Bauordnungen, Fördertechnische Anlagen in kulturellen Einrichtungen u. a. stattfanden. Das heißt, dass für qualifizierten Berufsnachwuchs bedeutend mehr für die Fachausbildung getan wird als in der Bundesrepublik. 

In Heft 2 der BTR erschien ein Bericht über die Jahreshauptversammlung der DThG e. V. im Februar im Haus der Technik in Essen, die in Verbindung mit der 21. Vortragsreihe Theatertechnik stattfand. Aus dem Geschäftsbericht 1972 ging hervor, dass der Schwerpunkt des Jahres bei der Durchführung der 38. Bühnentechnischen Tagung in Düsseldorf gelegen habe. 

H. Jochen Perrottet gab Bericht über die Arbeit des Fachnormenausschusses. Der Arbeitskreis UVV tagte im Laufe des Jahres 1972 fünf Mal in Wiesbaden, in München, in Mainz, in Rimpar und in Darmstadt.
Ein von der Geschäftsstelle herausgebrachter 27-seitiger, broschierter Pressespiegel über die 38. BTT fand große Beachtung. 

Die Gesamtmitgliederzahl der DThG beträgt am 1. Januar 1973 146, davon 144 Einzelmitglieder und 2 Korporativmitglieder, außerdem 7 beitragsfreie Organisationen, die laufend unterrichtet werden. 14 Einzelmitglieder sind neu aufgenommen, 3 Mitglieder durch Austritt und 3 Mitglieder durch Todesfall ausgeschieden. 

Helmut Großer berichtete über die Arbeit der OISTT, deren ausführliche Berichte bereits aufgeführt wurden.
Für das verstorbene Mitglied des Vorstandsbeirates, Prof. Thomas Münter, wurde als vorläufiger Vertreter Architekt Rolf Prange, Darmstadt‚ vorgeschlagen und bestätigt. Das langjährige Mitglied der DThG, Techn. Dir. i. R. Paul Kuhnert wurde der Versammlung als Ehrenmitglied der DThG vorgeschlagen; dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. 

Von ihm stammt auch der Antrag, einen Ehrenausschuss der DThG zu wählen, und ein weiterer Antrag, den von Konsul Linnebach gestifteten Linnebach – Ehrenring dem jeweils verdienstvollsten Vertreter der deutschen Theatertechnik auf Lebenszeit zu verleihen. Beide Anträge wurden angenommen. 

Als erster Träger dieses Ehrenringes wird Professor Dipl.-lng. Walther Unruh benannt. Er ist der dieser Auszeichnung würdigste Vertreter der deutschen Theatertechnik, konnte aber diese Ehrung nicht persönlich entgegennehmen, weil er durch eine plötzliche Erkrankung verhindert war. Er ließ in Heft 2 der BTR ein Schreiben veröffentlichen, in dem es unter anderem heißt: 

Wenn ich am 1. Februar an der Veranstaltung in Essen hätte teilnehmen können, so würde es meine Pflicht und eine ehrenvolle Aufgabe gewesen sein, dem Vorstand der DThG für die Verleihung des Linnebach – Ringes, dem Stifter, Herrn Konsul Linnebach und dem Kollegen Paul Kuhnert als Initiator der Idee meinen Dank selbst auszusprechen. Die Erinnerung an Adolf Linnebach reicht bis in meine Kinderjahre zurück, denn die Familie Linnebach wohnte in Dresden schrägüber in der Kurfürstenstraße und der Zufall wollte es, dass in unserem Haus sein Kollege, der technische Direktor der Oper, Prof. Max Hasait, zu persönlichen Bekannten oft ein- und ausging. So kam es zur Berufswahl und zu meinem ersten Berufskenntnissen schon vor fast 70 Jahren. So wird mir dieser Ring nicht nur eine berufliche Auszeichnung, sondern auch eine immerwährende persönliche Erinnerung sein. – Möge er aber auch ein Symbol des Zusammenhaltes und der Zusammenarbeit sein und bleiben, wie sie in den letzten Jahrzehnten durch die DThG geschaffen und ausgebaut wurde. 

Über die Arbeitssitzung des FNA Theatertechnik im Januar 1973 in Essen berichtete der Vorsitzende.
Die Sitzung wurde mit den Arbeitssitzungen der Arbeitsausschüsse des FAKI verbunden und erbrachte ein sehr effektives Ergebnis, was sich an der Zahl der verabschiedeten Normen und Normentwürfe ablesen ließ. Das Gebiet der theatertechnischen Normungsarbeit wurde gestrafft und übersichtlicher gestaltet Zur Normen – Sammelmappe der Theatertechnik machte der Geschäftsführer, W. Grau, detaillierte Ausführungen. Die vom Vorsitzenden des FNTh erfolgte Zusammenstellung der einzelnen Normen in einer Übersicht soll sowohl in der BTR als auch der Deutschen Bühne veröffentlicht werden. 

Zwei wichtige Ereignisse dieses Berichtsjahres berühren wesentlich die DThG – Arbeit. Aufgrund der Arbeit in der OISTT und dem ITI ergab sich für Österreich und die Schweiz die Notwendigkeit jeweils eigene Fachorganisationen für die Theatertechnik zu gründen. 

So erfolgte zunächst im Januar 1973 in Zürich die Gründungsversammlung der schweizerischen Vereinigung der Theatertechniker.
In den Begrüßungsworten von Prof. Juch, Direktor des Opernhauses Zürich, heißt es unter anderem:

Es ist äußerst wichtig, dass wir auch auf Ihrem sehr wichtigen Gebiete eine Zusammenarbeit erreichen, die dann allen Theatern der Schweiz zugute kommt. Ich glaube aber, dass Sie auch dahin kommen werden, die internationalen Verbindungen mit anderen Theatern zu pflegen und dass Sie dadurch zu einer Zusammenarbeit gelangen, die wiederum für das ganze Theater sowohl künstlerisch wie wirtschaftlich fruchtbar sein wird.“ 

Die Benennung des Vereins lautet:
Schweizer Verein Technischer Bühnenvorstände (svtb). 

Als Präsident wurde Edy Langner, St. Gallen gewählt; Kassenwart wurde W. Simon, Basel; Protokollführer wurde H. Lins, Genf und Recklinghausen (BRD); Weitere Vorstandsmitglieder: A. Bluost, Genf und W. Huber, Bern. 

Im April 1973 wurde die
Österreichische Theatertechnische Gesellschaft (ÖThG) 

gegründet. Dieser Schritt entstand aus dem Bedürfnis eine österreichische Sektion der OISTT gründen zu wollen, die sich besonders um die theatertechnischen Belange im Theater- und Veranstaltungsbereich in Österreich kümmern soll. Die konstituierende Versammlung wählte als Präsident: Prof. Sepp Nordegg; als Stellvertreter: Prof. Walter Hoesslin und Prof. Heinz Bruno Galleck; als Schriftführer: Arnold Meyer-Lange und Dr. Gottfreid Heindl; als Kassierer: Ing. Arnold Freund und Peter Rath. 

In erster Linie soll die ÖThG eine Berufsvertretung sein, die für die Rechte der in diesem Bereich Tätigen eintritt, andererseits soll eine theoretische und praktische Klärung der gesamten Berufsbilder geschaffen werden. Dazu gehört die Schaffung einer Ausbildung, ein genau definiertes und vereinheitlichtes Berufsvokabular. 

In der ÖThG sind Mitglieder aus den verschiedensten künstlerischen, Verwaltungs- und Technikbereichen vertreten, die Direktoren und Betriebsräte, Behördenvertreter, Wissenschaftler, Lehrer, Beleuchter und Beleuchtungsmeister, Bühnenmeister und -arbeiter, Maskenbildner, Kostümbildner bis hin zu Firmenvertretern aus dem Theaterbereich. 

Soviel zu diesen beiden Gründungen und der Zusammenarbeit der nunmehr drei deutschsprachigen Fachverbände, welche trotz aller noch bestehenden Schwierigkeiten hoffnungsvoll begann. 

Mitte Juli fand in Avignon der 3. Kongress der OISTT statt.
Der Präsident der OISTT, Dr. Rubin, stellte in seiner Begrüßungsansprache fest, dass die OISTT seit dem 2. Kongress 1971 auf wahrhaft internationaler Ebene arbeitet. Nicht nur die nationalen Zentren Polens, Norwegens, der Vereinigten Arabischen Republik und Mexikos wurden hinzugewonnen, sondern es werden weitere Anträge auf Mitgliedschaft in Avignon erwartet (bezieht sich auf Österreich und die Schweiz). Es sei ein Glück, dass Architekt Prof. Josef Svoboda seit dem 2. Kongress als Nachfolger von Dr. Ota Ornest das Generalsekretariat übernommen hatte. Er hat trotz seines eigenen voll ausgefüllten Terminkalenders seine neue Aufgabe mit Begeisterung angefasst. Ein internationaler Austausch von Fachkräften zwischen den nationalen Zentren scheine zu gedeihen und das erste Studienprogramm, angeregt durch das französische Zentrum, in Zusammenarbeit mit der Nationalen – Theaterschule in Straßburg, sei im Gange. 

Der Tod Thomas Münters (BRD) hat eine große Lücke in unsere Techniker – Kommission gerissen, und das teilweise Ausscheiden von Denis Bablet (Frankreich) und Dr. Klaus Wever (DDR) aus der aktiven Mitarbeit, infolge von Krankheit und Überbeanspruchung, hat weitere Planungen zeitweilig ruhen lassen. Das bedeutet aber nur, dass alle anderen von uns härter arbeiten müssen. 

Im Zusammenhang mit dem Kongress stand in Heft 3 der BTR ein Artikel unter der Überschrift: Gedanken zur theatereigenen Berufsausbildung vom Schriftleiter Helmut Großer. Er erläuterte darin Für und Wider ausführlich vor dem Hintergrund der anstehenden Beratungen zu diesem Thema. 

Aufgrund der ganzen Debatten zur Berufsausbildung meldete sich in Heft 4 der BTR einer unserer Altvorderen, Karl Hahn, mit einem kurzen Aufsatz, dessen Inhalt weitestgehend auch heute noch gelten kann. Man las unter anderem: 

Des öfteren höre ich sagen, zum Bühnentechniker müsse man geboren sein. Es mag etwas Wahres daran sein; obwohl es ja eigentlich mit jedem Beruf so ist, wenn er uns befriedigen und unser Leben ausfüllen soll. Der in der Jugend gewählte Beruf wird fast immer ein Risiko sein. Wer kann im 15. Lebensjahr schon über seinen Schicksalsberuf fürs ganze Leben richtig entscheiden. Besonders in unserer schnelllebigen Zeit sind Fehlentscheidungen und Kurzschlusshandlungen bei der Berufswahl an der Tagesordnung.
Von woher kommen die Menschen zur Bühnentechnik, ja überhaupt zur Bühne? Sie kommen aus allen Berufen unseres Lebens- und Arbeitsbereiches. Daher ist das Geborensein zum Bühnentechniker, wohl schon in Frage gestellt. Oft sind es Zufälle, die den Menschen zur Bühnentechnik führen. Auf viele übt das Theater einen besonderen Reiz aus, vielleicht weil bei ihnen versteckte, oft unbewußte, musische Veranlagung vorhanden ist. Die Begeisterung an der Theaterarbeit ist oft schnell zu Ende, wenn der Betreffende merkt, dass diese viel mehr von ihm fordert als in manchem anderen Beruf. So blieben früher schließlich nur die Theaterbesessenen am Theater, heute ist das aus vielerlei Gründen wohl nicht mehr so oft der Fall. Aber eigentlich ist es nur mit dieser Besessenheit möglich, die vielen Aufgaben der Technik richtig zu erfüllen. 

Karl Hahn beschreibt dann noch verschiedene Situationen, denen ein Bühnentechniker ausgesetzt sein kann und kommt zu folgendem Schluss: 

Wahrlich kein leichter Beruf, außer Fachhandwerker auch noch Blitzableiterersatz zu sein. Still zu sein, wo man reden möchte, weiter zu arbeiten, wo man nur ausreissen sollte. – Vielleicht muss man eben doch dazu geboren sein?“ 

Zu einem anderen Thema. Aufgrund ihrer starken Auslandsverbreitung wurde die Bühnentechnische Rundschau von der International Organization for Standardization (ISO) in die Liste der international verbreiteten technischen Zeitschriften unter der International Standard Serial Number GW ISSN 0007 – 3091 eingetragen. Welch erfreuliches Zeichen öffentlicher Anerkennung der BTR. 

Eine wichtige DThG Bekanntmachung in Heft 5 der BTR bezog sich auf die im nächsten Jahr stattfindende Vorstandsneuwahl. Um auch Kollegen, die nicht an einer Tagung teilnehmen können eine Wahlmöglichkeit zu verschaffen, wollte man Briefwahl einführen. Zu diesem Zwecke wurden die Vorschläge dazu veröffentlicht und um Rückantwort der Interessenten gebeten. 

Ein Bericht über den 3. Kongress der OISTT in Avignon durch Helmut Großer in Heft 5 der BTR sorgte dafür, dass sich die Leser ein Bild von den dort zur Debatte stehenden Themen machen konnten. 

Der Geschäftsführer Hellmut Himstedt-Alexander gab unter dem Titel: Internationales Szenographentreffen Recklinghausen im Mai 1973 im gleichen Heft der BTR einen Bericht darüber, da dieses Treffen besonders zur Vorbereitung der OISTT – Tagung in Avignon und der Prager Quadrienale 1975 angesetzt worden war. 

Die in Heft 2 der BTR angekündigte Sammelmappe für Normen der Theater-technik ist Anfang September erschienen.
Diese Sammelmappe wird stets auf dem letzten Stand gehalten. Eine Aufstellung aller in dieser Sammelmappe enthaltenen Normen und Normentwürfe wurde abgedruckt. 

Als Leitartikel von Heft 6 der BTR war unter dem Titel: Das ist alles möglich! ein Aufsatz von Frederick Bentham, Schriftleiter der englischen Fachzeitung TABS, abgedruckt, der seine Eindrücke von der deutschen Theatertechnik auf der 72er BTT in Düsseldorf mit britischem Humor schildert. Ein wirklich amüsanter Schriftsatz, der es versteht, die kritischen Schatten zu erkennen, die das alles überstrahlende Licht der deutschen Theatertechnik im Ausland hinterlässt. 

Im Juli übernahm Prof. Adolf Zotzmann die Leitung der Vortragsreihe “Theatertechnik“ im Haus der Technik in Essen. In Heft 6 der BTR erschien die Einladung zur 22. Vortragsreihe im Januar 1974. Als Thema war vor gesehen: Technologie und Nutzung von Mehrzweckhäusern und Mehrzweckräumen. Im Zusammenhang damit wurde auf die Jahreshauptversammlung der DThG und die Arbeitstagung des FNTh hingewiesen. Da die Aufforderung zur Abgabe von Vorschlägen für eine Briefwahl bei der nächsten Wahl des Vorstandes im kommenden Jahr ohne Resonanz blieb, wurde eine neue Stellungnahme bis Jahresende 1973 angefordert. Man ersieht daraus, dass es immer wieder an der fehlenden Bereitschaft der Mitglieder zur Mitarbeit für die Gesellschaft fehlt. 

Damit sollen die Fachverbandsnachrichten für dieses Berichtsjahr abgeschlossen werden. 

Personalien

Mit Professor Emil Preetorius ist einer der bedeutendsten deutschen Bühnenbildner im Alter von 89 Jahren im Januar gestorben. Der Bühnenbildner, Buchillustrator, Sammler, Kunstphilosoph und Lehrer an der Akademie der Bildenden Künste München war Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband und des Bayerischen Verdienstordens. Er war unter anderem Ehrendoktor der Universitäten München, Mainz und Gießen, Präsident der Gesellschaft für asiatische Kunst, Präsident der Gesellschaft der Bibliophilie und Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. 

Im April, wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag, starb in Genf der Opernnregisseur und Musikschriftsteller Prof. Dr. Herbert Graf. Er war zuletzt Direktor der Oper in Genf, die er durch ein neues Spielplan-System zu hohem Ansehen gebracht hat. 

Im Juni starb im Alter von 86 Jahren der frühere Technische Direktor der Württembergischen Staatstheater, Mitbegründer und Schriftleiter der BTR vor dem zweiten Weltkrieg, Friedrich Hansing in Stuttgart. Er war von 1919 bis 1936 Herausgeber, Schriftleiter und wirtschaftlicher Leiter dieses Fachblattes. Hansing war einer der wenigen auch im Alter noch aktiven Mitglieder der Berufsgruppe Technische Bühnenvorstände in der GDBA. 

Im Juni ist Ministerialrat Heinrich Schürmann im Alter von 87 Jahren verstorben. Auch nach Eintritt in den Ruhestand im Jahre 1951 hat er in vielen Fachausschüssen und Kommissionen mitgewirkt. Vor allem die von ihm von 1951 bis 1965 ausgeübte Leitung des Arbeitsausschusses 11.8 Versammlungsstätten DIN 18 600 im Fachnormenausschuss Bauwesen soll hier erwähnt werden. Dessen Arbeitsergebnisse waren die Grundlage für das spätere Muster der Versammlungsstättenverordnung. 

Zum Schluss dieses Umfeldes zu einer Nachricht, die von den meisten Berufskollegen kaum wahrgenommen wurde, da das Ereignis, auf das sich die Meldung bezog, im Sommer 1973, mitten in den Ferien der deutschen Theater, passierte. 

Im August verstarb in Wiesbaden Professor Dipl.-lng. Walther Unruh unerwartet im Alter von 75 Jahren.
Sein Name ist unlösbar mit der deutschen Theatertechnik über fast ein dreiviertel Jahrhundert verbunden und verhalf ihr zur internationalen Anerkennung. Die führenden theatertechnischen Vorstände in aller Welt gedenken in ehrender Bewunderung seiner Leistungen. 

Wie Helmut Großer in seinem Nachruf im Heft 5 der BTR berichtet, war er fünf Tage vor dem Tod von Unruh noch einmal in Wiesbaden, wobei beide besonders glücklich darüber waren, dass Unruh den seelischen Schock seiner ersten Herzerkrankung zu Beginn des Jahres überwunden hatte und wieder Pläne vor sich sah und neue Aufgaben suchte. Als Wichtigstes empfand Unruh die Notwendigkeit, die Geschichte der deutschen Theatertechnik niederzuschreiben. Gleich in den ihm noch verbliebenen letzten Tagen hatte er mit Notizen, Materialsammeln und einem Einleitungsentwurf begonnen. 

Die folgende Schlussbetrachtung von Großers Nachruf, aus dem hervorgeht, wie nahe beide persönlich verbunden waren, soll hier im Auszug zitiert werden: 

In einem meiner letzte Briefe, den ich Unruh schrieb, als er für kurze Zeit glaubte, seine Herzerkrankung bedeute das Ende, und er hätte nicht mehr die Kraft und vielleicht auch nicht mehr die Lust, weiterzuleben, schloss ich: Ich habe Dich immer im guten Sinne beneidet um das, was Du geschaffen hast und geworden bist. Lass mich Dich nun auch bitte beneiden um ein erfülltes Alter und einen zufriedenen und frohen Lebensabend, ohne die Last der Aufgaben und den Zwang des Arbeiten-müssens.
Mein Wunsch wurde ihm nicht erfüllt, Und doch ist es für ihn und sein Leben nicht folgerichtiger, auf ein Rentnerdasein verzichten zu müssen, und nicht besser, an einem schönen Spätsommermorgen, beim Lesen der Post, plötzlich vom Tode überrascht zu werden?“ 

Die DTHG sein Fachverband hat seinen Gedanken einer Geschichte der Deutschen Theatergeschichte aufgegriffen. Der 1999 erschienen Band 1. der Geschichte sind das Ergebnis. 

Theatergeschichte

Unter dem Titel: Theater in der Sporthalle werden die für die XX. Olympischen Spiele in München (1972) konzipierten Möglichkeiten der dortigen Wettkampfstätten geschildert. Insbesondere die Sporthalle mit einem Fassungsvermögen von über 10.000 Plätzen, als wetter- und jahreszeitunabhängiger Bau, soll allen denkbaren Veranstaltungsformen Raum geben. Die technischen Einrichtungen dazu werden beschrieben. 

Das im Herbst 1972 fertiggestellte neue Darmstädter Staatstheater wurde in Heft 2 der BTR vom Architekten Rolf Prange, dem bühnentechnischen Ausstatter Prof. Adolf Zotzmann und dem Technischen Leiter Horst – Dieter Wiegen- stein vorgestellt. 

Im gleich Heft wurde die zu den XX. Olympischen Spielen 1972 von Werner Ruhnau konzipierte Spielstraße im Olympiapark München anhand von Abbildungen, Zeichnungen und Skizzen beschrieben. 

Durch den Tod von Prof. Thomas Münter war dessen Arbeit an dem Projekt eines Theaterumbaus abgebrochen worden, welches von seinem Mitinhaber und jetzigen Nachfolger Rudolf Biste zu Ende geführt und in Heft 4 der BTR unter dem Titel: Der Umbau des Stadttheaters Fürth, beschrieben wurde. 

Unter der Prämisse eines Umbaus zum Theater mit Mittelbühne in weniger als einem Jahr für weniger als drei Millionen und dem Titel Stadthalle Offenburg gab es in Heft 5 der BTR einen Bericht über die dort ausgeführten Arbeiten. 

In Heft 6 der BTR erfolgte unter der Überschrift: Die Rekonstruktion des Slowakischen Nationaltheaters in Bratislava eine ausführliche Beschreibung des dort erfolgten Umbaus des historischen Theatergebäudes. 

Das aufkommende Multi – Media – Zeitalter zeigte sich mehr und mehr in der Berichterstattung. So wurde im Heft 3 der BTR ein Aufsatz unter dem Titel: Die Inszenierung KYLDEX 1 veröffentlicht, einer Multi – Media – Produktion oder eines audio – visuellen Experimentes. Der Sinn der Inszenierung sei die Konfrontation des Publikums mit ästhetischen Phänomenen optischer und akustischer Art, um zu erkennen, wie die Zuschauer auf bestimmte Reize reagierten. Sie hatten die Möglichkeit, den Verlauf der Handlung zu verändern. Jedem Zuschauer wurde ein Satz von fünf Farbkellen gegeben, womit er in der Lage war, durch Zeigen einer Kelle seine Meinung zu äußern, den Verlauf der Aktion zu unterbrechen und Erklärungen zu verlangen. Ob das Ganze noch mit Theater im ureigensten Sinne zu tun hat, bleibt dahingestellt, sollte aber diskutiert werden, da es in seiner Entwicklung eine Konkurrenz zum üblichen Theaterbetrieb darstellt. 

Ein anderer Beitrag im gleichen Heft war der unter dem Titel: Neue Erfahrungen in der Theaterakustik von Professor Werner Gabler, veröffentlichte Aufsatz, in dem sich dieser mit den akustischen Verhältnissen von Freilichttheatern und -arenen von der griechischen Antike bis zu den heute üblichen Spielstätten auseinandersetzt. 

Im Zusammenhang damit muss auch der Einleitungsartikel in Heft 4 der BTR Das Theater im Freien – gestern, heute und morgen gesehen werden. Darin befaßt sich der Autor mit der Entwicklung des Theaters im Freien allgemein von der Antike bis zur heutigen Zeit. 

In Heft 5 der BTR wurden unter dem Titel: Die Bühnenbeleuchtung in Bayreuth 1973, die Details der neuen Anlage dargestellt. 

Im Heft 6 der BTR gab es die letzten Neuheiten über Elektrotechnische und elektronische Experimente an den Staatlichen Schauspielbühnen Berlins, ein aus der Praxis für die Praxis geschriebener Aufsatz. 


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