1979

Der Fachverband

Im Jahr 1979 fand die Prager Quadrienale statt und die DTHG bemühte sich, als Organisator eines deutschen Beitrages eine Konzeption zu finden. Jan Fiebelkorn schreibt dazu in der BTR (Heft 1):

Worauf soll eine Präsentation des bundesdeutschen Theater in dieser Ausstellung in Prag Gewicht legen? Auf die Darstellung, wie und unter welchen Bedingungen bei uns herausragendes Theater erarbeitet werden muß; oder sollen lediglich die künstlerischen Ergebnisse gezeigt werden, bei denen diese Bedingungen schließlich wenig interessierten? Das Konzept der DTHG, als Organisator des bundesdeutschen Beitrags, zielt darauf ab, das herausragende künstlerische Ergebnis zu zeigen u n d die künstlerischen und technischen Prozesse, die zu dem Ergebnis geführt haben. Letzteres wird nicht in allen Fällen möglich sein, einfach weil die dazu erforderlichen Materialien nicht mehr vorhanden sind. Soweit aber etwas greifbar ist, sollen diese Arbeitsmaterialien in der Ausstellung mit gezeigt werden.

Im gleichen Heft berichtet Roland Karasek über einen erneuten Bühnenunfall und die strafrechtlichen Folgen. Der Absturz eines Bühnentechnikers beim Montieren eines Plafonds warf viele Fragen auf.

Zum Unfallhergang heißt es:

Ein Bühnenhandwerker sicherte unten die Leiter, ein anderer mußte hochklettern und von der Leiter aus verschrauben, ein dritter Techniker hielt den senkrechten Gitterträger fest, bis dieser verschraubt war. Danach mußte die Bockleiter umgesetzt werden. Um sich nun das häufige und zeitraubende Auf- und Absteigen zu er sparen, hat es sich im Laufe der Zeit eingebürgert, von der Leiter auf den Plafond über zusteigen (UVV § 25 Abs. 2!), sich rittlings auf den entsprechenden Quergitterträger zu setzen von dort aus die Verschraubung vor zunehmen, um dann über den Plafond ca. 1,30 m weiter zur nächsten Verschraubungsstelle zu klettern. Ein geübter Bühnenhandwerker der genau weiß ,an welchen Stellen eines Plafonds (Querlatten-Hochkantlatten Gitterträger usw.) er ungefährdet laufen kann und darf wird sich relativ sicher in dieser 6,50m Höhe bewegen.

Doch der Bühnentechniker stürzte ab und die Richter sahen die Verantwortlichkeiten dafür anders:

Bei intensiverem Nachfragen des Richters nach Sicherungsmaßnahmen und den Hinweis auf Sicherheitsgurte u. ä. die übereinstimmende Antwort, dass diese Geräte „niemals“ zur Verfügung gestellt worden seien und von Vorgesetzten auch kein Hinweis auf deren Notwendigkeit erfolgt sei. Das ist für den Richter eine gravierende Sache und für den Beklagten sehr belastend.
Auf eine weitere Frage des Richters, ob die Zeugen schon einmal etwas von den UVV gehört hätten und ob sie diese kennen würden, die übereinstimmende Antwort „Jein“. Der Sachverständige bezieht sich ausschließlich auf ein Gutachten des Gewerbeaufsichtsamtes mit dem Hinweis-Zitat „Verstoß gegen den § 44 Abs. 3 der UVV Allg. Vorschriften“, wonach bei Arbeiten in gefährlichen Höhen, z. B. auf Bäumen, Masten, Dächern und hohen Leitern, Sicherheitsgurt und Fangleine benutzt werden müssen, wenn Schutzgeländer nicht vorhanden sind. Dass es sich bei einer Höhe von 5—6 Metern um eine „gefährliche Höhe“ handele, zeige die Schwere dieses Unfalls. Weiterhin liege ein Verstoß vor gegen den § 25 Abs. 2 der UVV Leitern und Tritte, nach welchen von Stehleitern nicht auf Bühnen, Galerien und andere hochgelegene Plätze übergestiegen werden dürfe. 

So lautete denn auch das Urteil: 1000 DM Geldstrafe.

Ob es einen Zusammenhang gab, dass Rudi Kück einen Vortrag über Sicherheitsprobleme an den deutschen Theatern bei der Jahrestagung der USITT-Technik-Kommission in Seattle hielt, ist nicht überliefert.

Das internationale Wörterbuch „Teaterord“ (Theaterwörter) soll in einer Neuauflage und in mindestens 10 Sprachen erscheinen. Dieses handliche Buch (13×15 cm) hat den großen Vorteil, dass es auch Bildbeispiele bietet, die eine schnelle und vor allem genaue Übersetzung ermöglichen. Es ist zweifellos von Praktikern gemacht und entstanden aus der mehrsprachigen Zusammenarbeit der Theater der skandinavischen Länder. Dies ist der Beginn der „New Theatre Words“ von heute.

In der Mitgliederversammlung im Januar in Essen konnte man auf eine erfolgreiche, wenn auch sehr anspruchsvolle und anstrengende BTT 1978 zurückblicken.

Die DTHG konnte einen weiteren kleinen Zuwachs an Mitgliedern verzeichnen: 278 Personen listet das Mitgliederverzeichnis 1979 auf. Erstmals ist auch von der Verleihung silberner Ehrennadeln die Rede, nachdem 1978 die „goldenen“ Mitgliedsabzeichen eingeführt worden waren.

Für das Jahr 1980 beschloss man, die 42. Bühnentechnische Tagung im (neuen) ICC in Berlin auszurichten. Hinsichtlich der finanziellen Unterstützung hatte man bereits begonnen, Gespräche mit der Berliner Senatsverwaltung zu führen!

Darüber hinaus beschloss man die darauffolgende BTT in Köln auszurichten, da die Stadt eine Einladung dazu ausgesprochen hatte.

Am 24. und 25.1.1979 fanden in Recklinghausen Besprechungen des Vorstands und Vorstandsbeirats mit den Herren Prof. Steinmetz und Prof. Zotzmann mit folgendem Ergebnis statt: 

Nach einem Jahr Unterbrechung (1979) findet ab 1980 die Vorlesungsreihe „Technologie der Versammlungsstätten“ wieder im Haus der Technik, Essen, statt. Die wissenschaftliche Leitung hat Herr Prof. Adolf Zotzmann. Organisiert wird diese Vorlesungsreihe eigenverantwortlich vom HdT Essen (Nebeninstitut der TH Aachen). Die DTHG wird auf Vorschlag von Herrn Prof. Steinmetz als Mitveranstalter genannt. 

Personalien

Der Adolf-Linnebach-Ring wird von Paul Kuhnert, der ihn 1977 erhalten hatte, an Prof. Adolf Zotzmann übergeben. In der Würdigung heißt es:

Ganz besonders ist Adolf Zotzmann die Initiative zur Gründung des „Seminars für Theatertechnik Recklinghausen“ zu verdanken, zu dessen Geschäftsführern er vom ersten Tage an bis zum vorigen Jahre gehörte. 

Am 14.12.1978 verstarb in Hagen der Vorsitzende der Berufsgruppe „Ausstattung, Technik und Verwaltung“, Helmut Klute.
Der Bühnenbildner Gerd Richter verstarb in Stuttgart im Alter von 76 Jahren. Der gebürtige Dresdner arbeitete in Würzburg, Dresden, Hamburg, Essen und Stuttgart, dort war er 1952 „erster Bühnenbildner“ in Schauspiel und Oper. 

Der Filmausstatter Rochus Gliese verstarb im Alter von 88 Jahren.

Der Bühnen- und Kostümbildner Rudolf Soyka, starb 56-jährig am 31.12.1978 in Flensburg. 

Am 26.1.1979 starb der bekannte Hamburger Architekt Verner Kailmorgen im Alter von 76 Jahren.
Udo Range, seit 1957 Malsaalvorstand und ab 1969 AtelierIeiter der Hamburgischen Staatsoper, verstarb im Alter von 68 Jahren am 10.2.79 in Hamburg. 

Am 4.3.79 verstarb im Alter von 75 Jahren der ehemalige Vizepräsident der Bauakademie der DDR, Nationalpreisträger Prof. Dr. e. h. Richard Paulick. Unter seiner Leitung wurde in den fünfziger Jahren die Deutsche Staatsoper Berlin wiederaufgebaut und nach 1970 das Nationaltheater Weimar rekonstruiert. 

Am 15. März 1979 verstarb Reg.-Baudirektor Dr. Georg Dederböck im Alter von 77 Jahren nach langer schwerer Krankheit.

Der ehemalige Direktor des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Friedrich Schleim, verstarb am 29.11.1979 im Alter von 87 Jahren. 

Heinz Küpfler, Bühnenbildner des Theaters Baden-Baden verstarb 1979. 

Reinhold Ockel feierte seinen 80 Geburtstag und wurde entsprechend gewürdigt:

Es gibt fast keine künstlerische Disziplin am Theater, die er nicht ausgeübt hätte. Er war Schauspieler, Regisseur, Bühnenbildner, Intendant, Verwaltungsdirektor und Pädagoge. Und wenn er leider kein Techniker war, so hatte er sicher nur keine Zeit dafür. Der DTHG gehört er von ihren Anfängen an und nicht nur als zahlendes, sondern vor allem als mitarbeitendes und helfendes Mitglied. Wir gratulieren und wünschen ein weiter erfülltes Alter. 

Der Bühnenbildner Hans Zimmermann feierte 1979 ebenfalls seinen 80. Geburtstag, der auch in der Süddeutschen Zeitung gewürdigt wurde.

BTR

Für das Jahr 1980 wird eine Erhöhung des Verkaufspreises auf 10,50 DM pro Heft angekündigt (von 10 DM). 

Umfangreich berichtet die BTR über das Wiederaufbauprojekt der Dresdner Semperoper, dies bildete einen thematischen Schwerpunkt über mehrere Ausgaben.

Heft 01

  • Das Centre Georges Pompidou in Paris 
  • Eine Meistersinger-Konzeption für den Repertoirebetrieb
  • Prager Quadriennale 1979 
  • Ein Unfall mit Folgen 

Heft 02

  • Die Stadthalle Biberach an der Riss 
  • Neues Lichtfarbenkonzept durch neue Leuchtstofflampe 
  • Einige szenentechnische Entwicklungen aus der Praxis 
  • Synchronmotoren als Antrieb für Prospektzüge 
  • Ein neues elektronisches Lichtsteuersystem DUET 
  • Ein außergewöhnliches Opernhaus in den USA 

Heft 03

  • Neues Kulturzentrum im Fernen Osten 
  • Linearmotoren 
  • Diskussion über Tätigkeiten des Beleuchtungspersonals 
  • Oldtimer bühnenreif 
  • Darstellung verschiedener Scheinwerfersysteme 

Heft 04

  • „Bauten der Kultur“ 2/79: Gottfried Semper zum 100. Todestag 
  • Der Wiederaufbau der Semperoper 
  • Bühnenmaschinerie 
  • Death, Destruction and Detroit in der Schaubühne am Halleschen Ufer 
  • Vorschlag für reisende Truppen 
  • Die Regelung elektrischer Lichtquellen 
  • Mobile Stuhlreihen 
  • Die Bühnenbildner verselbständigen ihre Phantasie 
  • Walter Thalheim 80 Jahre; Bodo Dorra: Das erste holografische Bühnenbild 
  • Ancram Opera House 

Heft 05

  • Wunder in schwarzer Welt – „Lohengrin“ 1979 in Bayreuth
  • Zur technischen Einrichtung des Bayreuther „Lohengrin“ 
  • Das Spielhaus in Helmond 
  • Regelung elektrischer Lichtquellen, Teil II
  • Das wiedererstandene Babylon – „Nabucco“ in Berlin 
  • „Groß und Klein“ in der Schaubühne am Halleschen Ufer 

Heft 06

  • Die Meistersinger von Nürnberg in München
  • Der Wiederaufbau der Semperoper, II. Teil 
  • My Fair Lady ist auch am kleinen Landestheater möglich 
  • Gastspiel der Arena di Verona in der Deutschlandhalle Berlin
  • Raum-Theater in der Oper? 

BTR Ausgaben 1979

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Heft 06