1989

Der Fachverband
Bevor im November des Jahres 1989 für viele unerwartet die *Mauer* fallen wird und damit die Wiedervereinigung Deutschlands beginnt, was auch die Etablierung der DTHG als gesamtdeutscher Verband nach sich zog, richteten sich die Aktivitäten weiterhin besonders auf die Förderung der Aus- und Weiterbildung bühnentechnischer Berufe. In einer ersten Zwischenbilanz berichtete Hans-Dieter Haage über den Start des Studienganges an der TFH Berlin:

Zwischenbilanz 
Für das erste Semester des neuen Studienganges lagen 62 Bewerbungen vor. Davon konnten sich, obwohl – wie bereits dargelegt – für Vorlesungen normalerweise nur 36 Studenten zugelassen werden, 43 einschreiben, von denen aber einige falsche Vorstellungen vom Inhalt des Studiums hegten. Obgleich der Studiengang im Fachbereich Maschinenbau angesiedelt ist, hatte eine Reihe der Studienanfänger erhebliche künstlerische Ambitionen. Von den 43 Studienanfängern sind im jetzigen dritten Semester noch 30 (70%) eingeschrieben von denen 8 (27%) in einem Theater beschäftigt waren, während weiters 6 (20%) ebenfalls Theaterpraxis (z. B. in den Semesterferien) haben. Für das im Sept./Okt. 1989 beginnende Praxissemester haben sich bereits 12 (40%) für einen Praxisplatz in Berlin, 10 (33%) für einen solchen außerhalb Berlins entschieden. Während 28 (93%) das Praxissemester in einem Theater oder einer anderen Veranstaltungsstätte absolvieren möchten, würden 2 (7 %) gerne in der Industrie arbeiten.

Auch 1989 bot die DTHG verschiedene Seminare für Führungskräfte an, um bühnentechnischen Vorständen eine Weiterbildung zu ermöglichen.
Die rechtliche Stellung eines Technischen Direktors am Theater am Beispiel der Bühnen der Stadt Frankfurt führte zu einer neuen Diskussion. Dort hatte der Amtsinhaber seinen Vertrag kündigen wollen, wenn er künftig, wie in einer Dienstanweisung des Bürgermeisters angekündigt, dem Intendanten nachgeordnet sein würde. Sein bisheriger Vertrag sah eine Gleichstellung von Intendanten, Verwaltungsdirektor und Technischem Direktor vor.

Der Vorstand diskutierte verschiedene Ideen zur weiteren Entwicklung des Verbands. Die Idee, einen hauptamtlichen Geschäftsführer einzustellen, wurde aus finanziellen Gründen zunächst verschoben – man ging von Kosten in Höhe von 250.000 Mark jährlich aus ! Stattdessen plante man die Einstellung einer Sachbearbeiterin als Teilzeitkraft für die Geschäftsstelle.
Auch die Honorierung von Mitgliedern, die für den Verband besondere Tätigkeiten versahen, wie dem Kassenwart, wurde diskutiert – noch ohne Beschluss. Insgesamt rückte damit die künftige Ausgestaltung einer Geschäftsstelle immer mehr in den Blick des Vorstandes.

Herr Stäblein, Mitglied des Beirats für den Studiengang Theater- und Veranstaltungstechnik an der TFH Berlin berichtete vom Wunsch der Studenten, Mitglied in der DTHG zu werden. Voraussetzung ist jedoch ein verringerter Beitragssatz. Es wurden 3 Vorschläge diskutiert: DM 60,- jährlich, als Beitrag für die BTR, die Mitgliedschaft ist dabei kostenlos, – DM 25,- jährlich, für die BTR müsste dabei die DTHG zuzahlen, – DM 25,- ohne BTR.

Im Jahr 1989 finden sich erste Hinweise über die Einführung eines von der DTHG verliehenen Preises:

Es gibt den Vorschlag, im Rahmen einer eigenen Informationsschau, gute und wirtschaftliche Lösungen von technischen Problemen an Theatern, in Hallen und Film- und Fernsehateliers, zu präsentieren, mit Beispielen aus den Bühnen und Veranstaltungsbetrieben, aber auch aus den Werkstätten. In diesem Zusammenhang wurde die Stiftung eines Preises für die beste Umsetzung einer künstlerischen Idee diskutiert. Der Preis soll von der Industrie gestiftet und von der DTHG im Rahmen der Show-Tech verliehen werden.

In Sachen Anerkennung der theatertechnischen Berufe musste man einen erneuten Rückschlag verkraften: Das BiBB hate am 21.12.88 mitgeteilt, dass die Arbeiten für die Berufsbereiche Requisite, Theatermaler, Theaterplastiker, Kascheure sowie Kostümschneider vorerst aus Kapazitätsgründen zurückgestellt werden müssen. Dagegen legte der Vorstand Einspruch ein, was nicht viel änderte.

Auch bei der Etablierung weiterer Regionalgruppen war man noch nicht entscheidend vorangekommen. Es existierten bisher die Gruppen Nord, Süd und Mitte. Das 9. Treffen der Regionalgruppe Nord der DTHG fand am 10.3.89 im Thalia-Theater Hamburg statt. Unter 46 (!) Teilnehmern waren 8 Gäste.

Die Jahreshauptversammlung fand während der 45. Bühnentechnischen Tagung in Essen am 25.6.1989 statt, an ihr nahmen 109 Mitglieder teil. Die Zahl der Verbandsmitglieder war deutlich auf inzwischen 451 angestiegen.

Siegfried Stäblein:

Hauptziel ist und bleibt jedoch nach wie vor die uneingeschränkte Anerkennung der DTHG bei Unternehmen, Institutionen und Behörden der Legislative und Exekutive als zuständiger Fachverband für Theater, Fernsehen, Film und Mehrzweckhallen. All diese Aktivitäten und Absichten führen letztlich zu einem Ziel: Der Mitgliedschaft der DTHG einen Sinn und wenn Sie wollen, einen Vorteil zu geben. Sorge bereitet mir die zunehmende Belastung des Geschäftsführers, des Kassenwartes und der Beauftragten, aber auch ich selbst als Vorsitzender bin davon betroffen. Sie ergibt sich aus der zunehmenden Zahl der Mitglieder und der stark gestiegenen Zahl der Aktivitäten der DTHG. 

Kurt Gerling, Vorstandsmitglied, übernahm ab 01.01.89 die Geschäfte des nationalen OISTAT- Zentrums BRD von Herrn Himstedt-Alexander.

Auf einer Sitzung des Ehrenrates wurde beschlossen, den Linnebach-Ring, der sich zur Zeit im Besitz von Herrn Prof. Zotzmann befand, auf Lebenszeit dort zu belassen.

Die Einführung einer neuen Muster-Versammlungsstättenverordnung kam langsam und stetig voran. Für das Jahr 1989 sollte eine erste Vorlage eines Entwurfes erfolgen.

Nicht alle waren glücklich über die zunehmende Zahl von Vorschriften und Regelungen wie eine Glosse von Helmut Großer zeigt:

In Paris sollte das größte Theater-Neubau-Projekt der Zeit, der Neubau der Opera Bastille, seine Eröffnung am Nationalfeiertag, dem 14. Juli 1989 – 200 Jahre nach dem Beginn der französischen Revolution feiern. Doch dieser Neubau, mit bisher nicht gekannten Dimensionen, brachte zahlreiche Probleme mit sich. Helmut Großer schreibt dazu in seiner Kolumne:

Es geht dabei um die „Opera Bastille'“, die zur 200- Jahrfeier der französischen Revolution eröffnet werden soll, bevor sie wieder geschlossen, fertiggestellt und irgendwann dann wirklich eröffnet wird. Wann genau das sein soll, weiß niemand, und denen, die es wissen könnten, wird vor dieser endgültigen Stunde der Wahrheit grausen. Nicht etwa deshalb, weil der Bau nicht gelungen wäre, nein, weil der dann gelungene Bau mit Leben erfüllt werden muß. Mit einem Opern-Repertoireplan jeweils über zwei bis drei Jahre im voraus, ohne den die Oper einer Weltstadt nicht existieren kann, wenn sie neben den Opern anderer Weltstädte zu existieren je die Absicht hatte. 

Im letzten Heft der BTR des Jahres 1989 findet sich dann doch ein erster Hinweis auf die Öffnung der innerdeutschen Grenze. Ulrich Bahrmann schreibt einen Leserbrief über seine Eindrücke auf der BTT in Essen und dann überholen ihn die Ereignisse:

Es waren zwei erlebnisreiche Tage, diese 45. Bühnentechnische Tagung, die erste, die ich besuchen durfte und auf der ich mich trotzdem nicht fremd fühlte. Und so freue ich mich nun auf die nächste Jahreshauptversammlung der DTHG im Mai nächsten Jahres in Berlin im Rahmen der Showtech. Dann kann ich nach 29 Jahren wieder beide Teile Berlins betreten, wenn ich es möchte. Aber nun hat mich beim Schreiben die Zeit überholt. Was keiner so schnell erwarten konnte, ist bereits eingetreten. Im nächsten Jahr wird eine große Zahl von Fachkollegen aus der DDR nach Berlin (West) strömen, nicht nur einige ausgesuchte „Reisekader“, um sich vom Entwicklungsstand der Theatertechnik zu informieren. Das wird ein historisches Treffen deutscher Theatertechniker werden, auf das man sich schon jetzt einstellen und das man schon jetzt dementsprechend vorbereiten sollte.
Ulrich Bahrmann 

Personalien

Der Präsident der OISTAT, Chefredakteur der «Bühnentechnischen Rundschau» und Technische Direktor der Staatsoper München, wurde vom Bundespräsidenten mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland geehrt.

Am 10.4.89 feierte der 1. Vorsitzende der DTHG und Stellvertretende Produktionschef im Bayerischen Rundfunk/Fernsehen, Siegfried Stäblein, seinen 60. Geburtstag.

Auch der Ausstattungsleiter des Staatsschauspiels Dresden, Manfred Schröter, feierte seinen 60. Geburtstag.

Zum Präsidenten der nationalen DDR-Sektion der OISTAT ist am 27.2.89 in Berlin Manfred Fiedler gewählt worden. Er ist Technischer Direktor der Volksbühne Berlin und langjähriges Präsidiumsmitglied der Kommission Technik der OISTAT. Vizepräsidenten wurden Joachim Näther, Direktor des Instituts für Kulturbauten und Jochen Finke, Chefbühnenbildner der Volksbühne. Als Sekretär wurde Jürgen Ludwig, Städtische Bühnen Erfurt, wiedergewählt.

Im Januar verstarb im Alter von fast 90 Jahren der frühere Technische Leiter und Bühnenbildner Walter Thalheim. Am 21. 7. 1899 in Dresden geboren, erhielt er nach der Ausbildung in seiner Heimatstadt bereits 1923 eine Anstellung als Ausstattungsleiter und Künstlerischer Beirat in Plauen i. V. Kurze Zeit später wechselte er in gleicher Position an das Landestheater Altenburg und Weimar. 1930 kehrte er nach Plauen zurück und betrieb von dort aus die Umgestaltung des damaligen «Pfaffs Kolosseum» in Hof zu einer technisch hervorragenden Bühne. Daraufhin nach Hof verpflichtet, war er diesem Theater bis zu seiner Pensionierung tätig.

Im Alter von 68 Jahren verstarb der bekannte Bühnenbildner Dominik Hartmann.

Der Technische Direktor des Maxim Gorki Theaters Berlin, Eberhard Ende, ist am 12. März im Alter von 46 Jahren verstorben.

Adolf Zotzmann starb am 26. 9. 89 in Recklinghausen im Alter von 77 Jahren.

BTR

Heft 01

  • „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ 1988 in Bayreuth
  • 750 Jahre Berlin 1987, – Die SternStunden –
  • Fachhochschulstudium „Theater- und Veranstaltungstechnik“
  • EDV-Anwendung in der Bühnen- und Lichttechnik
  • Derngate Centre

Heft 02

  • Opernbau an der Schwelle des 21. Jahrhunderts , Gedanken zum Pariser Opernprojekt an der Bastille
  • Das „Kuwait Conference Centre“
  • Wiederherstellung einer funktionsfähigen Obermaschinerie in der Hamburgischen Staatsoper
  • Vom Reiz der Rätsel und Assoziationen
  • Der Philharmonie-Kammermusiksaal Berlin
  • Farbempfindungen bei Hell-Dunkel-Regelung
  • Maschinenregieanlage für die Ober- und Untermaschinerie in Bühnen und Studios

Heft 03

  • Die Dekoration und Maschinentechnik von „Starlight Express“
  • Neue Bühnenmaschinerie für die Stuttgarter Oper
  • Seid realistisch – fordert das Unmögliche
  • Modellbühnen für Aus- bildung, Entwurf und Planung
  • VTO Medienzentrum Hannover
  • Was wäre, wenn . . . ?
  • Harbourfront Arts Centre, Toronto

Heft 04

  • „Ein Spaziergang im Walde“
  • Jean-Pierre Ponnelle – ein Meister der Kultur
  • Ein Wort zur „Theater-Not“
  • Das neue Prospekt- lager im Nationaltheater München
  • Zwischen Tradition und Perspektive

Heft 05

  • Bühnentechnik in der Opera de la Bastille
  • Umbau, Sanierung, Denkmalpflege der Frankfurter Paulskirche
  • Sind Künstler Leibeigene?
  • Gasentladungslampen für Studio-, Theater- und Discobeleuchtung
  • Friedrich Kranich: Wege zu technischen Idealbühnen
  • Die Novellierung der Versammlungsstättenverordnung in der Bundesrepublik

Heft 06

  • Der Kirschgarten. Das Bühnenbild als dramaturgisches Gestaltungselement
  • Die Novellierung der Versammlungsstättenverordnung in der Bundesrepublik
  • Zum Gedenken an Adolf Zotzmann
  • Die Steigung des Zuschauerraumes in Theatern
  • Ein wiedererstelltes und ein neu erbautes Theater in England

Sonderheft

  • Friedrich Kranich: Bühnentechnik der Gegenwart
  • Friedrich Kranich: Die Arbeitsräume
  • Aus dem „Kranich“ über den Berufsverband
  • Werden unsere Dekorationen immer umfangreicher?
  • Einleitung zum Buch „Technik des Theaterbaues“
  • Hans Gußmann: Proberäume, Magazine und Werkstätten
  • Seinerzeit der letzte Schrei …
  • Überwachung der Maschinerie des technischen Theaterbetriebes
  • Der Forderungskatalog der Technischen Direktion der Bayerischen Staatsoper für die Erneuerung der Obermaschinerie
  • Die Kommunikationstechnik der Kongresshäuser
  • Werden Computer intelligenter?
  • Theateraufführungen in Mehrzweckhallen
  • Ein soziologisches Plädoyer für das Stadt-Theater
  • Neue Punktzüge für den Studiobereich
  • „The Third Globe“
  • Chronik der Bühnentechnischen Tagungen
  • Adolf Linnebach: Bühnentechnik als Fachwissenschaft
  • Ein Vollstudium der Theater- und Veranstaltungstechnik

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